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Ströck bezahlt Bäcker nach dem billigeren Gewerbe-Kollektivvertrag - Anker zahlt mehr.
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Wien. Zwischen der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-djp) und zwei Wiener Großbäckereien herrscht so etwas wie ein festgefahrener Stellungskrieg: Die Gewerkschaft fordert für die Beschäftigten der Bäckereien Ströck und Mann den besseren Großbäckerei-Kollektivvertrag (KV) statt des schlechteren KV für das Bäckereigewerbe sowie die Wahl eines Betriebsrates. Die Bäcker verschanzen sich - nach einem kurzen Scharmützel - hinter einer Mauer des Schweigens. Die Gewerkschaft hat beim Wirtschaftsministerium eine Aufsichtsbeschwerde eingebracht.
Barbara Teiber, Regionalgeschäftsführerin für Wien in der GPA-djp, argumentiert: "Es geht um die höheren Einstiegsgehälter ebenso wie um die Arbeitszeiten, die im Gewerbe bei 40 Wochenstunden liegen, im KV für die industriellen Großbäckereien jedoch bei 38,5 Stunden. Das betrifft nicht nur die Produktion, sondern auch den Verkauf." Besser bezahlt werden auch die Zuschläge für die Abendstunden unter der Woche und für die Nachmittagsarbeit am Samstag. Unterstützung kommt von der Produktionsgewerkschaft ProGe.
Die beiden Bäckereien jedoch machen sich klein und wollen den - schlechteren - Gewerbe-Kollektivvertrag beibehalten. Sie verteidigen sich mit "gewerblicher, handwerklicher Tätigkeit" in ihren Betrieben.
Dabei läge Ströck mit Einstiegsgehältern von 1300 Euro brutto für das Verkaufspersonal gar nicht so schlecht, trotzdem wird eine Stellungnahme nicht nur zu dieser Frage verweigert: Auch über eine zusätzliche Kostenbelastung oder zum 11-Millionen-Euro-Expansionsprogramm der vergangenen Jahre wurde keine Auskunft erteilt. Ein Programm, mit dem - nach Ansicht der Gewerkschaft - die Grenze zum Industriebetrieb endgültig überschritten worden sei. Die Bäckerei Mann habe mit rund 700 Beschäftigten ebenfalls als industrielle Großbäckerei zu gelten.
Kein Betriebsrat beiStröck und Mann
"Es geht auch um den fairen Wettbewerb", meint Teiber, "Ströck muss sich bei 1800 Beschäftigten schon mit einer Firma wie Anker vergleichen lassen und nicht mit dem kleinen Bäcker um die Ecke." Anker bestätigt gegenüber der "Wiener Zeitung", dass das Traditionsunternehmen seine 1400 Beschäftigten nach dem - teureren - KV für die Großbäckereien arbeiten lasse und dass die Ankerbrot AG trotz beträchtlicher Turbulenzen seit einigen Jahren deutlich in der Gewinnzone sei.
Während bei Anker ein Betriebsrat keine Frage ist, spießt es sich bei Ströck und Mann. Gewerkschafterin Barbara Teiber hegt den Verdacht, die Firmenleitungen würden die Belegschaften nicht gerade ermutigen, einen Betriebsrat zu wählen. So wird Robert Ströck mit der Aussage zitiert, die Beschäftigten könnten sich mit Fragen und Beschwerden ohnehin direkt an die Geschäftsleitung wenden. Was Teiber bei einer Größe von 1800 Beschäftigten schon von der Struktur her anzweifelt. Gerhard Ströck zur "Wiener Zeitung": "Ströck behindert keine Betriebsratswahlen." Kurt Mann erklärte schon früher, nichts gegen die Wahl eines Betriebsrates zu haben.
Ob bei Ströck und Mann der Industrie- oder der Gewerbe-KV zu gelten hat, darüber entscheidet jetzt im Zuge der Aufsichtsbeschwerde eine paritätisch besetzte Kommission, die je zur Hälfte aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern besteht. Kommt es bis Ende Mai weder auf Landes-, noch auf Bundesebene zu einer Mehrheitsentscheidung, ist der Wirtschaftsminister am Zug, und selbst danach kann der Verwaltungsgerichtshof angerufen werden. Sollte am Ende des Tages gegen die Unternehmer entschieden werden, haben sie Zeit gewonnen und damit Geld gespart.