Japan, China und Südkorea lassen über Inseldispute die Säbel rasseln.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Tokio/Seoul/Peking. Anfang des Monats hatte der südkoreanische Präsident Lee Myung Bak die von Südkorea kontrollierte Dokdo-/Takeshima Inselgruppe im Japanischen Meer besucht - und damit in Japan Empörung ausgelöst. Sogar vor den Internationalen Gerichtshof will die Regierung in Tokio mit dem Fall ziehen, in dem sie eine Verletzung ihrer angeblichen souveränen Ansprüche auf das Inselterritorium erblickt. Südkorea hingegen weigert sich und bekräftigt stattdessen seine eigenen Ansprüche auf die wenig einladenden Felsen mitten im Meer.
Nur wenige Tage darauf bekam Japan eine Art Retourkutsche von chinesischer Seite: In einer spektakulären Aktion enterten chinesische Nationalisten die von Japan als auch China beanspruchten Senkaku-/Diaoyu Inseln im Südchinesischen Meer und hissten dort die chinesische Flagge. Sie wurden von der japanischen Küstenwache umgehend inhaftiert und zwei Tage darauf des Landes verwiesen, was zu lebhaften Protesten führte. Bald darauf wiederholten japanische Nationalisten die umstrittene Aktion in ihrem eigenen Sinn und landeten ihrerseits auf der Inselgruppe.
Geld und Nationalprestige
Die Wogen der Empörung schlugen so hoch - inklusive gewalttätiger Demonstrationen und gegenseitiger Wirtschaftsboykottaufrufe -, dass die beiden Regierungen wieder ein wenig zurück ruderten, und die angeblich "spontanen" Inselbesetzungsaktionen durch einige ihrer übereifrigen Bürger kritisierten.
Die internationale Gemeinschaft ist über die maritimen Turbulenzen beunruhigt. Eine Konfliktregion der Zukunft will man dort erkennen, in der es um Fischereigründe, Bodenschätze " es werden reiche Gaslagerstätten in der Region vermutet - und vor allem um geopolitischen Einfluss geht: "Wer die Inseln im Südchinesischen Meer besitzt, könnte Kontrolle über die meisten Seewege der Welt ausüben, die aus Westeuropa nach Ostasien führen", so die chinesische Regierungswebseite.
Neben den vermuteten Gasvorkommen geht es aber auch ums Nationalprestige und verletzten Stolz: Japans Nachbarn Korea und China warten bis heute darauf, dass Japan seine historische Kriegsschuld gegenüber seinen asiatischen Nachbarn in vollem Umfang einbekennt.
In Seoul und Peking erwartet man von Tokio Vergangenheitsbewältigung à la Deutschland und Entschuldigungsgesten, wie etwa Willy Brandts Kniefall in Warschau.