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Bundespräsident: Lässt sich der "schlafende Riese" aus seinem Dämmerzustand wecken - und ist das überhaupt eine gute Idee?
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"Unabhängig für Österreich" - "Einer von uns, einer für uns" - "Erfahrener. Staatsmännischer. Mutiger" - Lassen Sie uns an
Österreich glauben" -"Flagge zeigen".
Das sind, man glaubt es kaum, in ungeordneter Reihenfolge die Slogans, mit denen die bisher fünf (mit ziemlicher Sicherheit) Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten für sich werben. Die Kunst guter Slogans liegt angeblich darin, dass sie die Quintessenz eines Produkts, in diesem Fall das Wesen einer politischen Kandidatur, verdichtet, eingängig und möglichst unverwechselbar zum Ausdruck bringen. Mitunter ist es eine Kunst, die Kunst der PR-Genies auch entsprechend zu würdigen.
Einerseits.
Andererseits entsprechen die fast schon grotesk austauschbaren Slogans doch der Natur des höchsten Amtes der Republik. Dessen Reiz liegt in der Ambivalenz seiner Konstruktion.
Einen "schlafenden Riesen" nannte einst ein französischer Beobachter das Amt des österreichischen Bundespräsidenten. Der Satz spielt darauf an, dass - von der grundsätzlichen Konstruktion her - der Herr in der Hofburg dem Sonnenkönig im Elysee Palast zu Paris recht ähnlich ist. Warum dann trotzdem der eine zum Staatsnotar herabsank, der andere aber zum republikanischen Ersatzmonarchen aufstieg, ist schnell erklärt: In Österreich hieß der erste Bundespräsident unter den Bedingungen der Verfassungsnovelle von 1929 Wilhelm Miklas, ein braver k.&k. Beamter und langjähriger Schuldirektor in Horn. Der erste Präsident der 1958 proklamierten 5. Republik war Charles de Gaulle, General, Held und Legende in einer Person, der den französischen Widerstand gegen das NS-Regime anführte und symbolisierte.
Mitunter sind es eben doch die Personen, die das Amt prägen, nicht umgekehrt.
Auch nach 1945 mieden die wirklich mächtigen Männer - Frauen spielen diesbezüglich in Österreichs Politik bis heute nicht mit - das Amt wie der Teufel das Weihwasser. Sie alle strebten einzig und allein nach dem Job des Bundeskanzlers. Bruno Kreisky wehrte sich mit Händen und Füßen, als ihn die eigene Partei 1974 zum Bundespräsidenten hochloben wollte. Es wurde dann auch der ehrenwerte Diplomat Rudolf Kirchschläger als Kandidat aus dem Hut gezaubert. Und der einzige, der tatsächlich mit dem Gedanken spielte, Erwin Pröll, verweigerte sich im letzten Moment dem Wahrheitsbeweis, dass die Österreicher unter Umständen vielleicht doch einen ausgewiesenen Machtmenschen in die Hofburg wählen könnten.
Die Frage, ob sich der "schlafende Riese" auf dem Papier der Bundesverfassung auch im Alltag der Republik wecken ließe, bleibt deshalb wohl weiter ohne Antwort. Und eine ganz andere Frage ist wiederum, ob ein Aufwecken des schlafenden Riesen überhaupt ein erstrebenswertes Ziel darstellt.
Letzteres lässt sich nicht ohne Blick auf die Verfassung von Parlament und Regierung durchdenken. Der Bundespräsident ist keine isolierte Macht, sondern Teil und - bei Bedarf - auch direkt gewählte Gegenmacht eines eng miteinander verwobenen politischen Gefüges.
Das wären spannende Themen für einen Wahlkampf, wenn bloß die PR-Gurus nicht wären.