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Zu viel Außenpolitik, zu wenig Wirtschaft

Von Tom Raum

Politik

Washington - Mit der Fixierung auf den Irak läuft Präsident Bush nach Einschätzung von Beobachtern in Washington Gefahr, denselben Fehler wie sein Vater zu machen: Die Konzentration auf die Außenpolitik drängt die Aufgaben im eigenen Land in den Hintergrund. Aber mahnende Stimmen weisen darauf hin, dass den Bürgern ihre Brieftasche letztlich wichtiger sei als die potenzielle Bedrohung durch ein fernes Land. In der Wirtschaftspolitik aber habe Bush bisher kaum Perspektiven aufgezeigt.


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George Bush sen., der Vater des jetzigen Präsidenten, habe sich Anfang der 90er Jahre viel zu sehr auf die Operation Wüstensturm konzentriert und darüber die Probleme zu Hause vergessen, meint der amerikanische Politikwissenschaftler James Thurber. Und auch sein Sohn George W. habe sich bisher nur unzureichend zu den brennenden Wirtschaftsfragen geäußert - etwa zu unternehmerischem Fehlverhalten und dem damit verbundenen Verlust des Vertrauens in die Finanzmärkte.

Umfragen zeigen , dass nur 41 Prozent der US-Bürger mit dem wirtschaftspolitischen Kurs ihres Präsidenten zufrieden sind. Dies ist die niedrigste Quote seit Bushs Amtsantritt. Zugleich sind die meisten Amerikaner der Meinung, dass die konjunkturelle Lage die schlechteste seit fast einem Jahrzehnt sei. In der Irak-Politik kann der Präsident zurzeit noch auf mehrheitliche Unterstützung zählen, aber der Trend ist ebenfalls rückläufig.

Kurz vor den Kongresswahlen im November hat Bushs Republikanische Partei dieses Problem erkannt. Ihre Abgeordneten im Repräsentantenhaus dringen jetzt auf Gesetzesinitiativen für Steuererleichterungen. Dabei soll nicht zuletzt der absetzungsfähige Betrag von Investitionsverlusten erhöht werden. Zweifellos hatten die Abgeordneten hierbei die Einbrüche vor Augen, die zahlreiche Investoren infolge der jüngsten Finanzskandale in den USA erlitten haben.

Darüber hinaus steht Bush derzeit vor einem weiteren großen Problem - einem potenziell verheerenden Streik der Hafenarbeiter an der Westküste. Die Stilllegung sämtlicher 29 Häfen der Region kostet die amerikanische Wirtschaft zwei Milliarden Dollar (2,04 Mrd. Euro) pro Tag. Bush hat deshalb eine Anwendung des so genannten Taft-Hartley-Gesetzes aus dem Jahre 1947 in Erwägung gezogen. nach dem der Präsident den Streikenden "aus Gründen der nationalen Gesundheit und Sicherheit" eine Rückkehr an ihre Arbeitsplätze befehlen kann. Dies allerdings könnte den sozialen Frieden im Lande nachhaltig stören. Und dies könnte letztlich auch der Zustimmung zur Irak-Politik des Präsidenten abträglich sein.