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Zu viele Fonds sind der Erinnerungsarbeit Tod

Von Walter Hämmerle

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62 Jahre nach Kriegsende nähert sich die materielle Wiedergutmachung dem Ende. Was tun mit den Fonds? | SPÖ und ÖVP sind selten einer Meinung - warum auch, die Ehe, in der sie sich befinden, ist schließlich nur auf Zeit geschlossen. Das Motto "we agree to disagree" trifft auch auf die Pläne für das weitere Schicksal von National- und Zukunftsfonds zu.


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Während die Erste Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) sich - mit Unterstützung der Grünen - für eine Integration des Zukunftsfonds in den Nationalfonds stark macht, plädiert der Zweite Präsident Michael Spindelegger (ÖVP) nun für den umgekehrten Weg. Bisher sprach sich die ÖVP für die Beibehaltung beider Fonds aus.

Für Spindelegger hat der Nationalfonds, der für die Entschädigung der NS-Opfer ins Leben gerufen wurde, "seine Aufgabe erfüllt". Zur Untermauerung beruft sich Spindelegger auf dessen Leistungsbilanz: Bis heute wurden rund 49.000 Auszahlungen an NS-Opfer geleistet - diese gehen nun jedoch dem Ende zu. Spindelegger: "Für 2008 sind nur noch rund 250 Auszahlungen vorgesehen." Dafür sind 1,9 Millionen Euro budgetiert.

Dieser Rückgang hat zur Folge, dass im Jahr 2008 die Personal- und Sachkosten des Nationalfonds - eine Folge des hohen Recherche- und Forschungsaufwands - mit 2,1 Millionen Euro bereits die Summe der Auszahlungen übersteigen. Bereits 2006 lagen die Auszahlungen mit 2,7 Millionen Euro nur noch knapp über den Fixkosten von 2,2 Millionen Euro. Spindelegger: "Ein solches Kostenverhältnis rechtfertigt, dass man über die Zukunft des Nationalfonds nachdenkt. Es macht keinen Sinn, Strukturen zu erhalten, deren Zweck erfüllt ist."

Die Restaufgaben, die beim Nationalfonds noch zu erledigen seien - Spindelegger nennt hier letzte Auszahlungen, Gesten des Erinnerns an die NS-Gräuel sowie die Erhaltung der zahlreichen verwahrlosten jüdischen Friedhöfe - sollen vom Zukunftsfonds mit-übernommen werden. Dessen neue Schwerpunkte sollten dann die Erinnerung an die Opfer der totalitären Herrschaft sowie Maßnahmen gegen das Wiederaufkommen von NS-Gedankengut sein. Spindelegger betont, in der Sache nichts übers Knie brechen zu wollen: 2009 wäre ein geeigneter Zeitpunkt, um Nägel mit Köpfen zu machen. "Bis dahin haben wir genügend Zeit, alles genau durchzudiskutieren."

Wie stets in Österreich hat natürlich auch diese Debatte einen parteipolitischen Unterton. Vorsitzende des Zukunftsfonds, der die aus dem Versöhnungsfonds übrig gebliebenen rund 18 Millionen Euro verwaltet, ist die steirische Ex-Landeshauptfrau Waltraud Klasnic (ÖVP). Ihre fünfjährige Amtszeit endet erst Anfang 2011. Das Kuratorium besteht aus je zwei Mitgliedern, die von Kanzleramt und Außenministerium nominiert werden. Diese vier Kuratoren wählen aus einer Liste des Kanzlers einen Vorsitzenden.

Der von Hannah Lessing geleitete Nationalfonds wiederum verfügt über ein jährliches Budget von rund 4 Millionen Euro, in seinen Gremien sind unter anderem die drei Präsidenten des Nationalrats vertreten.

Egal, wie man nun zu diesen Fonds-Fusionsideen steht - was die Erinnerungs- und Wiedergutmachungsstrukturen angeht, besteht zweifellos auf kurz oder lang ordnender Handlungsbedarf. Immerhin hat sich die Regierung bereits zumindest grundsätzlich für ein Haus der Geschichte entschieden. Hinzu kommt die Absichtserklärung für ein Simon Wiesenthal-Zentrum in Wien - und dann gibt es auch noch das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW). Ein freischwebendes Nebeneinander all dieser Einrichtungen wäre wohl ein schlechter Dienst an der gemeinsamen Sache.