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Zu viele "freie Radikale"

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Eines hat Mahmoud Abbas mit seinem Antrag auf UN-Mitgliedschaft Palästinas geschafft: Schon lange ist nicht mehr so viel über das auf dem Tisch liegende Zwei-Staaten-Modell neben Israel diskutiert worden. Selbst wenn der Antrag eine Mehrheit der 193 Länder hinter sich weiß, so muss er doch mit Samthandschuhen behandelt werden. Denn Abbas bringt den Antrag für die PLO ein, und noch am Freitag fiel ihm in Gaza der Premierminister der Hamas, Ismail Haniyeh, in den Rücken: Haniyeh meinte, dass Palästina nicht um einen Staat betteln werde, die UNO sei zudem ein von den USA gesteuertes Gremium.

Die Warnungen Israels bestehen daher zu Recht, denn solange die Palästinenser nicht mit einer Stimme sprechen, ist das Wort eines einzelnen Funktionärs nicht viel wert. Israel könnte - und wird auch - an den direkten Verhandlungstisch zurückkehren. Dass es nicht längst geschehen ist, ist auch der israelischen Innenpolitik zu "verdanken". Die rechte Partei von Außenminister Avigdor Lieberman sichert Benjamin Netanyahu die Mehrheit. Das ist natürlich teuer. Nun aber hat die Region einen Punkt erreicht, an dem Israel zwar seine Wehrhaftigkeit nicht aufgeben darf, aber Lieberman und dessen Positionen beiseiteschieben muss.

Wenn der Ausschuss im UN-Sicherheitsrat den Aufnahmeantrag nun genauer prüft, so wird er freilich um eine scharfe Prüfung der palästinensischen Positionen nicht umhin kommen. Wenn am Ende des langen Tages Abbas ein Friedensabkommen mit Israel unterzeichnet, braucht es Gewissheit, dass dieser Vertrag von allen palästinensischen Gruppierungen eingehalten wird.

Jedenfalls wäre eine Beruhigung der Region eine Beruhigung für die ganze Welt. Nach dem gespenstischen Auftritt des iranischen Präsidenten in New York ist wohl klar, dass ein sich aufschaukelnder Konflikt Geister ruft, die niemand zu kontrollieren vermag. Das sollte übrigens auch der türkische Präsident im Auge haben, der sich zum neuen Schutzherrn der Palästinenser stilisiert. Auch die Türkei kann zum Frieden nur beitragen, wenn sie ein stabiles Verhältnis mit Israel wiederherstellt. Die israelische Armee sollte sich für das harte Vorgehen gegen die Gaza-Flotte im Vorjahr entschuldigen. Und die EU muss endlich geschlossen in der Nahost-Frage auftreten, wenn sie in dieser essenziellen Frage nicht auch zu einer Lachnummer werden will.