Zum Hauptinhalt springen

Zu viele Jäger waren des Hasen Rettung

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
0

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

So ungefähr könnte der Wahlabend nach der Nationalratswahl ebenfalls aussehen: SPÖ und ÖVP fahren jeweils historische Tiefststände ein, schaffen es aber irgendwie - dank einer unübersichtlichen  Oppositionsgemengelage, in der sich die Parteien gegenseitig kannibalisieren, und mangels konstruktiver Alternativen - dem Wähler einen Auftrag auf "five more years" abzutrotzen. Nach dem Motto: Guat is gangn, nix is gschehn.

Ganz ähnlich eben wie jetzt in Tirol, wo ebenfalls alles beim Alten bleibt. Die vielen Jäger haben sich selbst dezimiert, der vermeintliche Hase ist fast ungeschoren davongekommen.Für die ÖVP, vor allem Michael Spindelegger, bringt das - an den Umfragen gemessen - erstaunlich solide Tiroler Wahlergebnis bitter notwendige Ruhe in die nervöse Partei. Er kann darauf verweisen, dass die Wähler offensichtlich das Angebot seiner Partei so schlecht nicht finden.

Immerhin ist Tirol nach der gewonnen Volksabstimmung über die Wehrpflicht und den Triumph in Niederösterreich bereits der dritte Sieg in diesem Frühjahr. Spindelegger kann somit einigermaßen ungestört die Planungen für den Nationalratswahlkampf vorantreiben. Daran wird auch eine allfällige Niederlage in Salzburg nichts ändern: Eine Schlappe ginge ausschließlich auf das Konto der Salzburger ÖVP, die nach dem Auffliegen der Spekulationsaffäre den Absprung aus der Koalition mit der SPÖ auf eigenes Risiko gewagt hatte.

Die Alarmglocken sollten dafür bei der SPÖ schrillen. Bereits zum dritten Mal innerhalb weniger Monate fuhr die Kanzlerpartei eine krachende Niederlage an den Wahlurnen ein, einzig an der Rückeroberung Kärntens kann sich die Partei aufrichten. Verliert die SPÖ am kommenden Sonntag in Salzburg, ist Feuer am Dach in der Löwelstraße.

Bester Wahlhelfer für die beiden Regierungsparteien bleibt ein Bündel von Oppositionsparteien, das den Wählern in seltener Deutlichkeit vor Augen führt, dass auch in der Politik selten etwas Besseres nachkommt. In dieser Situation erscheint die Fortsetzung der großen Koalition in den Augen vieler Wähler als geringstes Übel. Zumindest in den Augen jener Wähler, die überhaupt noch den Gang an die Urnen antreten.

Das Absacken der Wahlbeteiligung zeigt eine eklatante Mobilisierungsschwäche der gesamten Politik. Während die innenpolitische Auseinandersetzung an Schrillheit und Schärfe gewinnt, verabschiedet sich ein immer größerer Teil der Bürger aus der politischen Debatte. Über diese gleichzeitige Entwicklung sollten die Parteizentralen einmal nachdenken. Auch in Tirol vereinen ÖVP und SPÖ gemeinsam nur mehr unwesentlich mehr als 50 Prozent der Wählerstimmen. Der große Rest ist auf der Suche nach Alternativen.

Dass diese längst nicht mehr nur FPÖ und Grüne heißen, wurde beiden Parteien auch an diesem Wahlabend schmerzlich bewusst. Neue Listen wie "Vorwärts Tirol" kommen aus dem Stand auf über 10 Prozent, auch – und das ist eine weitere interessante Erkenntnis – wenn diese nicht über die Möglichkeiten Frank Stronachs verfügen. Dass der Milliardär diesmal leer ausging, muss sich seine Amateurtruppe selbst zuschreiben. Allerdings: Ein zweites Mal wird Stronach der politischen Konkurrenz diesen Gefallen wohl nicht machen.