Richterin vertagt Verfahren um Immo-Deal am Schillerplatz.
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Wien. Wer sich aufs Kaffeesudlesen einlässt, der muss eben auch manchmal mit einem Lesefehler rechnen. Am Freitag wurde im Straflandesgericht sehr viel interpretiert: Jeder Stirnrunzler von Richterin Claudia Moravec-Loidolt, vor der nun schon den fünften Tag der Prozess rund um den Immo-Deal der Telekom am Schillerplatz verhandelt wurde, bot den Beobachtern Anlass, auf baldige Urteile zu spekulieren. Mitnichten. Stattdessen wurde die Verhandlung auf den 4. und 5. März vertagt und weitere Zeugenladungen beschlossen, weil noch zahlreiche Fragen offen sind.
Dreh- und Angelpunkt des Verfahrens ist die zentrale Frage: Wie viel war die Immobilie, die die Firma SP4 von Ex-ÖBB-Boss Martin Huber und seiner Frau um 5,4 Millionen Euro ankaufte, im Jahr 2006 tatsächlich wert? Die Anklage wirft den Hubers und den damaligen Telekom-Vorständen Heinz Sundt und Stefano Colombo Untreue vor, weil die Immobilie zu billig und ohne Einholung eines Gutachtens verkauft worden sei. Dazu wurde am Freitag abermals der Gerichtsgutachter Roland Popp befragt, auf dessen Expertise die Anklage im Wesentlichen beruht. Popp geht davon aus, dass die Gebäudeteile zum Stichtag 19. Mai 2006, als Sundt und Colombo für die Telekom den Vorvertrag mit der SP4 über 5,4 Millionen Euro unterzeichneten, in Wahrheit 9,8 Millionen wert war.
Umstrittene Methode
Allerdings hat der Gutachter bei der Berechnung des Werts eine umstrittene Methode angewendet, die von den Verteidigern bereits massiv angezweifelt wurde. Im Zuge dieses Residualwertverfahrens wird das Maximum errechnet, das ein Investor ausgeben kann, sodass sich die Investition für ihn noch lohnt. Popp bestätigte mehrmals, dass er nicht nur den Wert der reinen Gebäudeteile berechnet habe, sondern auch den des Entwicklungsprojekts. Popp hat berücksichtigt, dass bereits ein Architekt mit Plänen für die Entwicklung etwa des Dachausbaus beschäftigt war, der Antrag auf Baubewilligung war bereits eingereicht. Ob dieses Projekt auch Teil des Kaufvertrags und somit der Telekom zuzurechnen war, konnte auch am Freitag nicht restlos geklärt werden.
Am Nachmittag erklärten beide ehemaligen Vorstände, dass sie sich den Vertrag und damit auch die Anhänge (wie zum Beispiel einen Plan, auf dem erste Parifizierungen eingetragen waren) nicht so genau angeschaut hätten. Vielmehr hätten sie auf den Prokuristen vertraut, der den Verkauf abgewickelt hat, wegen einer schweren Erkrankung aber nicht mehr befragt werden kann. Die Hubers hingegen betonten, dass sie Liegenschaftsanteile und kein Projekt gekauft haben.
Zur Klärung der Frage nach dem Wert hat die Richterin nun dem Antrag von Staatsanwalt und Privatbeteiligtenvertreter stattgegeben: Im März sollen Michael Möstl, Geschäftsführer der Seeste, an die die Hubers die Immobilie 2007 um 10,9 Millionen Euro verkauft haben, und der ehemalige Justizminister Dieter Böhmdorfer - er hat den Vertrag errichtet - befragt werden.
Nochmals geladen wird auch der Telekom-Innenrevisor. Zudem erteilte Moravec dem Gutachter einen Ergänzungsauftrag: Er soll herausfinden, wie viel die verkauften Gebäudeteile zum Stichtag wert waren und zwar "unter jeglicher Ausschaltung eines Projekts". Urteile werden für den Aschermittwoch erwartet. Aber man weiß ja, wie das mit dem Kaffeesud so ist.