In Somalia toben derzeit die schwersten Kämpfe seit Monaten: Die radikal-islamische Al-Shabaab-Miliz will die Regierung stürzen. Nicht nur dass bei einem Überfall auf ein Hotel 33 Menschen niedergemetzelt wurden, in den vergangen Tagen erschütterten auch heftige Gefechte die Hauptstadt Mogadischu, bei denen es dutzende Todesopfer gab. | Politische Beobachter gehen aber davon aus, dass die Regierung den Rebellen-Angriff überstehen wird. Die Schlagkraft der 6000 im Land stationierten Soldaten der Afrikanischen Union (AU) sei einfach zu stark. Die AU-Truppen können aber nicht viel mehr tun, als die Regierung zu schützen. Diese ist samt ihren eigenen Soldaten zu schwach, um selbst eine Offensive gegen die Aufständischen zu starten.
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Die Regierung beherrscht nur noch ein Drittel von Mogadischu, den Rest des Landes kontrollieren verschiedene Milizen: Diese sind teilweise verbündet, teilweise bekämpfen sie einander, die Fronten wechseln ständig. Die stärkste Miliz ist die Al-Shabaab, die weite Teile des Zentrums und des Südens Somalias beherrscht. Ihr haben sich internationale Jihadisten angeschlossen, sie hat Verbindungen zu Al-Kaida und in den von ihr beherrschten Gebieten ein islamistisches Schreckensregime aufgezogen: Ehebrecher werden gesteinigt, Dieben wird die Hand abgehackt.
Die Frage ist nun, wie das vom Westen unterstützte Kabinett von Sheikh Sharif Sheikh Ahmed, der sich als moderater Islamist bezeichnet, gestärkt werden kann. Erst kürzlich wurde beschlossen, dass die AU-Truppen um mindestens 2000 Mann aufgestockt werden, um die Regierung besser zu verteidigen.
Zudem versucht Präsident Sheikh Ahmed in Absprache mit westlichen Diplomaten, seine Machtbasis zu vergrößern. Vereinzelt sind ehemals aufständische Clan- und Milizenführer bereits auf die Regierungsseite gewechselt, mit weiteren wird verhandelt. Manche Politanalysten drängen nun darauf, auch Teile der Al-Shabaab in diesen Prozess einzubinden. Sie verweisen darauf, dass diese kein reiner Al-Kaida-Ableger sei, sondern ein zersplittertes Zweckbündnis. Die Al-Shabaab wird demnach zwar von Fundamentalisten beherrscht, die zu keinem Kompromiss bereit sind. Doch gleichzeitig gibt es innerhalb der Bewegung diverse Rebellenreformationen, die den immer stärker werdenden Einfluss ausländischer Jihadisten ablehnen und vielleicht auf die Seite der Regierung gezogen werden könnten.
Beobachter verweisen aber noch auf eine weitere destabilisierende Größe in dem Konflikt, die unter Kontrolle gebracht werden muss: Geschäftsleute. Viele von ihnen unterstützen diverse Milizen finanziell und haben ein Interesse an den chaotischen Zuständen und der Schwäche des Staates. Der Bürgerkrieg kostet sie weniger als Steuern und Zölle, die sie sonst für ihre Waren zahlen müssten. So kommt es, dass manche AU-Soldaten mit Fernsehern in die Heimat zurückkehren, die besser und billiger als die in ihren eigenen Ländern sind.
Für die meisten Somalier ist aber ein Fernseher ein unerreichbares Luxusgut. Sie kämpfen ums tägliche Überleben, nach UN-Schätzungen benötigen zwei Millionen Menschen Lebensmittelhilfe. Hier setzt ein weiteres Problem an, das es so schwierig macht, Somalia zu befrieden und das jede Strategie zum Scheitern bringen könnte: In dem Land gibt es kaum Arbeit, dafür jede Menge Armut, Waffen und junge Männer, die nichts als Krieg kennen. Nirgendwo ist es für Warlords einfacher, eine Miliz aufzustellen.