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Zu wenige Prüfer schauen den Firmen in die Bücher

Von Rosa Eder-Kornfeld

Wirtschaft
Allein auf weiter Flur? Die Prüfer klagen über zu wenig Nachwuchs. Foto: bbox

Finanzämter brauchen dringend Nachwuchs. | Durchschnittsalter der Beamten liegt bei 46 Jahren. | Wien. Die heimischen Finanzämter sind personell unterbesetzt. Dem Staat entgehen deshalb Jahr für Jahr Milliardenbeträge, da vor allem die Prüfung von Betrieben vernachlässigt wird.


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Die Zahl der Finanzbeamten ist in den vergangenen 15 Jahren um ein Drittel von über 18.000 auf derzeit 12.000 gesunken. Erst seit Februar 2007 wird jede zweite frei gewordene Stelle wieder nachbesetzt - das ist zu wenig, befindet der oberste Personalvertreter im Finanzministerium, Klaus Platzer von der Fraktion Christlicher Gewerkschafter. Eine 1:1-Nachbesetzung wäre wünschenswert, auch angesichts der Tatsache, dass das Durchschnittsalter der Finanzbeamten bei 46 Jahren liegt.

"Wir sind heillos überaltert. Im kommenden Jahr werden mehr als 50 Prozent der Mitarbeiter in der Finanzverwaltung über 55 sein", sagt Platzer im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Eine derartige Altersstruktur würde kein Betrieb, der wirtschaftlich arbeiten will, verantworten.

EDV ersetzt Hirnschmalz nicht

Eine Beschäftigungsoffensive sei vonnöten, vor allem bei Betriebsprüfern. Platzer: "Die EDV nimmt uns zwar schon einiges an Arbeit ab, ersetzt aber nicht das nötige Hirnschmalz." Ein Hochschulabsolvent benötige in etwa vier Jahre, um das Handwerk zu beherrschen.

Auch in Deutschland klagte jüngst der Chef der Steuergewerkschaft, Dieter Ondracek, über zu wenig Steuerbeamte. "Die Zahl der Ausbildungsplätze reicht nicht aus, um den zunehmenden Abgang der geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand auszugleichen", wird Ondracek in der "Süddeutschen Zeitung" zitiert.

In den achtziger Jahren kam in Deutschland auf 200 Kleinunternehmer und Selbständige ein Betriebsprüfer, heute betrage dieses Verhältnis 700 zu eins, so Volkswirtschaftsprofessor Lars P. Feld von der Universität Heidelberg.

In Österreich sei die Lage ähnlich, sagt Platzer. Die Konsequenz: Dem Staat entgehen allein aus dem Titel Umsatzsteuerbetrug jährlich 2,5 Milliarden Euro.

"Keine Schäden für Steuerzahler"

Im Jahr 2008 wurde eine Reform der Großbetriebsprüfung (GroßBP) eingeleitet und die bisherigen acht Regionalbehörden zu einer einheitlichen Bundesbehörde in Wien zusammengeschlossen. Die Behörde besteht aus 42 Branchen-Prüfteams, zwei IT-Prüfteams und zwei Erhebungsteams, aufgeteilt auf fünf Regionen Österreichs.

Weiters wurde die Umsatzgrenze, ab der ein Unternehmen in den Zuständigkeitsbereich der Großbetriebsprüfer fällt, von 4 Millionen auf 9,68 Millionen Euro (G2-, G1- und G0-Fälle) angehoben. Für die Prüfung kleinerer Firmen sind die - überlasteten - Finanzämter zuständig.

Die Zahl der Großbetriebsprüfer, die im Jahr 2008 noch 750 betrug, soll über natürliche Abgänge und freiwillige Wechsel in die Finanzämter letztendlich auf 350 reduziert werden. "Drei Viertel dieses Ziels sind bereits erreicht", sagt Platzer.

Ein Sprecher von Finanzminister Josef Pröll betont im Gespräch mit der "Wiener Zeitung", dass es durch die Personalpolitik in der Finanzverwaltung zu keinem Schaden für den Steuerzahler komme. Die Zahl der Außenprüfungen sei zuletzt pro Jahr um 2000 gestiegen, bei der Großbetriebsprüfung abgebaute Mitarbeiter wären in die Finanzämter gewechselt. Zum Umsatzsteuerbetrug in Österreich gebe es keine seriösen Zahlen.

Wissen

Die Bürgerkarte soll Amtswege via Internet einfach und sicher machen. Mit der Bürgerkarte signiert man ein Dokument elektronisch. Neben Chipkarten (wie der E-Card oder der Bankomatkarte) können seit Ende 2009 auch Handys als Bürgerkarte eingesetzt werden. Vermerkt sind auf der Bürgerkarte persönliche Daten wie Name und Geburtsdatum sowie Zertifikate für die Signatur.