Viele Frühstückscerealien bestehen aus mehr als einem Drittel Zucker.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Wer zum Frühstück eine Schale Müsli isst und damit seinem Körper etwas Gutes tun will, hat mitunter umgerechnet bis zu sechs Stück Würfelzucker mit einer Portion (45 Gramm) zu sich genommen. Auch wenn auf den Müslipackungen der Vollkornanteil ausgewiesen oder "Mit weniger Zucker" zu lesen ist, sollten ernährungsbewusste Verbraucher einen Blick auf die Nährwerttabelle werfen: Denn in manchen Frühstückscerealien stecken mehr als 30 Gramm Zucker pro 100 Gramm. Kellog’s Smacks enthalten sogar 43 Gramm Zucker pro 100 Gramm.
Sogar Müslis, die Wellness, Fitness oder Vitality im Produktnamen tragen, enthalten mehr als 12 Gramm Zucker. Spitzenreiter unter den 13 von der Arbeiterkammer (AK) Oberösterreich getesteten Produkten sind NestleFitness Chocolat mit 23,6 Gramm und NestleFitness Fruits mit 30,2 Gramm Zucker je 100 Gramm. In vielen bunten Verpackungen mit Comicfiguren, die auf Kinder abzielen, steckt viel Zucker, kritisieren Konsumentenschützer.
Schoko und Crunchy enthalten mehr Zucker
"Varianten mit Schoko und Crunchy sind meist zuckerreicher. Auch Trockenfrüchte enthalten Zucker, sind aber besser als beispielsweise Zucker aus Schokolade oder zugesetzter Zucker. Crunchy-Varianten enthalten zudem oft zugesetztes Fett wie Kokos- oder Palmfett, das reich an gesättigten Fettsäuren ist", sagt Birgit Beck, Ernährungswissenschafterin beim Verein für Konsumenteninformation (VKI). Eine Alternative sind Müslis ohne Zuckerzusatz sowie eine Mischung aus Getreideflocken und eventuell Trockenfrüchten und/oder Nüssen und Samen. Um eine Mahlzeit mit nicht allzu hoher Energiedichte zu erhalten, empfiehlt Beck, das Müsli mit frischen Früchten und mageren Milchprodukten anzurichten.
Was Produktauslobungen angeht, sind laut Beck einige Begriffe in der Claims-Verordnung geregelt: Als "zuckerarm" gelten Produkte mit weniger als 5 Gramm Zucker pro 100 Gramm. Von einem "reduzierten Zuckeranteil" und ähnlichen Formulierungen spricht man, wenn mindestens 30 Prozent weniger Zucker als in vergleichbaren Produkten enthalten ist. Produkten "ohne Zuckerzusatz" wird kein Zucker zugesetzt - enthält das Lebensmittel von Natur aus Zucker (etwa Trockenfrüchte), muss das Etikett den Hinweis "Enthält von Natur aus Zucker" enthalten. "Weniger süß" ist hingegen nicht geregelt.
Als Anhaltspunkt gilt die britische Ampelkennzeichnung: Bis zu 5 Gramm pro 100 Gramm sind ein niedriger Zuckergehalt, zwischen 5 und bis zu 22,5 Gramm pro 100 Gramm ein mittlerer Zuckergehalt, über 22,5 Gramm ein hoher Zuckergehalt.
Bei der Nährwertangabe auf der Vorderseite wird "getrickst"
"Besonders gerne tricksen die Hersteller bei den Nährwertangaben auf der Produktvorderseite", kritisiert die AK Oberösterreich. Für die Berechnung zur empfohlenen Tageszufuhr gehen die Hersteller von unterschiedlichen Portionsgrößen zwischen 30 und 50 Gramm aus. Weiters werde bei manchen Angaben eine 125-Milliliter-Portion Milch berücksichtigt, bei anderen nicht, heißt es.
AK-Konsumentenschützerin Gabriele Zgubic fordert: "Eine verbraucherfreundliche Kennzeichnung mittels Ampelfarben muss gefördert werden." Konsumenten könnten dadurch auf einen Blick erkennen, ob es sich bei Produkten um Dick- oder Fitmacher handelt, was besonders bei verarbeiteten Produkten wichtig sei. Die Idee des Ampelsystems ist, jedes Lebensmittel deutlich mit Grün (gesunde Lebensmittel), Gelb oder Rot (zu viel Zucker, zu hoher Fett- beziehungsweise Salzgehalt) zu kennzeichnen. Die AK bietet unter http://ampelrechner.arbeiterkammer.at/ ein Werkzeug, das Nährwertangaben auf Lebensmitteln übersetzen soll.
Die Lebensmittelindustrie hält dem entgegen, dass eine Ampel zu kurz greift: "Im Straßenverkehr steht Rot für ,Stopp‘, bei Lebensmitteln würde Rot laut Ampel-Modell aber (nur) ,Achtung‘ heißen. Somit könnten Verbraucherinnen fälschlicherweise annehmen, Lebensmittel seien gefährlich", sagt Katharina Koßdorff, Geschäftsführerin im Fachverband der Lebensmittelindustrie. Entscheidend sei die Ausgewogenheit der Ernährung in Kombination mit ausreichend Bewegung. Koßdorff: "Einzelne Lebensmittel können nie isoliert betrachtet werden, es kommt auf die Ernährungsweise an."