Mit seinem Vorschlag, neue EU-Staaten mit Niedrigsteuern von Mitteln aus dem EU-Strukturfonds auszuschließen, stößt Frankreichs Finanzminister Nicolas Sarkozy nicht nur auf Ablehnung. SP-Europaabgeordneter Herbert Bösch kann der Idee einiges abgewinnen.
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Für Herbert Bösch ist klar: "Wir werden eine Harmonisierung der Steuern in der EU brauchen", erklärt der SP-Europaabgeordnete und Vizevorsitzende des Haushaltskontrollausschusses im Europäischen Parlament. Denn derzeit finde lediglich ein Wettbewerb nach unten statt, und der Verteilungskampf zwischen Süden und Osten werde in der Europäischen Union härter.
Daher macht der Vorschlag Sarkozys für Bösch durchaus Sinn. "Es kann doch nicht sein, dass wir uns den eigenen Totengräber finanzieren", argumentiert er im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Durch ihre Niedrigsteuerpolitik und mit ihrer Wirtschaftskraft saugen die neuen EU-Staaten Gelder auf, andererseits erhalten sie finanzielle Unterstützung aus den EU-Strukturfonds. Letzteres aufzugeben hatte Frankreichs Finanzminister vorgeschlagen - und ist damit auf heftigen Widerstand in den meisten neuen Mitgliedstaaten gestoßen, wo der durchschnittliche Unternehmenssteuersatz zehn Prozent unter dem Satz der EU-15 liegt. Auch von einer Steuerharmonisierung halten viele Regierungen wenig. Unterschiedliche Steuersätze seien ein wichtiges Element, durch die sich die Länder voneinander abheben könnten, stellte etwa Polens designierte Regionalkommissarin Danuta Hübner fest.
Herbert Bösch wiederum würde die Idee Sarkozys als "Einstieg in die Debatte um eine gemeinsame Steuerpolitik" begrüßen. Möglich wäre in Folge die Festlegung einer Spanne, innerhalb der sich die Steuern bewegen könnten.
Debatte um Beiträge
Mit Bedauern verfolgt der Abgeordnete die Diskussion um eine mögliche Anhebung der Beiträge zum EU-Budget. Diese werde rund um Prozentpunkte geführt und nicht um Strukturen. Denn die EU-Kommission sieht eine Ausweitung des Haushalts von derzeit knapp unter einem Prozent auf durchschnittlich 1,14 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) vor. Doch vor allem Nettozahler - wie Österreich - fordern ein Einfrieren der EU-Ausgaben. Der Haushaltsplan 2005 soll 111,5 Mrd. Euro (Zahlungen) betragen, rund 1,04 Prozent des BNE.
Bösch plädiert dafür, zuerst über Prioritäten und dann über Zahlen zu sprechen. Die Schwerpunkte müssten dabei bei Infrastruktur sowie Bildung und Forschung liegen - und nicht unbedingt bei den Agrarausgaben, wo heuer rund zehn Mrd. Euro allein in die Regelung von Überschüssen fließe. Eine Erhöhung der Beiträge dürfe jedoch nicht von vornherein abgelehnt werden. "Wenn wir sagen, Europa darf nichts kosten, dann müssen wir austreten", meint Bösch. Doch das wäre sicher nicht der richtige Weg.