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Steuern gegen Spekulanten tun meist das, was der Name verspricht: Sie steuern Spekulanten in eine andere Richtung.
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Wenn man gemein ist, könnte man die Kritik an Produkten wie Exchange Traded Funds (ETFs), also an der Börse gehandelte Fonds, so zusammenfassen: Bei einer Investmentveranstaltung verteilte der ETF-Spezialist Lyxor kleine Säckchen mit Gummibären, deren Inhalt aber wegen des undurchsichtigen Aufdrucks nicht sofort erkennbar war. Nach dem Öffnen kam die Enttäuschung - kein Grünes drin.
Undurchsichtigkeit gefolgt von Enttäuschung wird vielen Produktpaketen von Kritikern vorgeworfen, aber die Intransparenz ist etwa im Falle von ETFs nur subjektiv, denn da es ein börsegehandeltes Produkt ist, können Investoren alle Informationen einsehen. Anders sieht es da schon bei außerbörslichen oder unregulierten Investmentmöglichkeiten aus, die "Over the counter" (OTC)-Transaktionen genannt werden. Was wie illegaler Medikamentenhandel klingt, hat aber nichts mit geheimem Schmuggel zu tun.
Durch die geringeren Auflagen können solche Geschäfte schneller und oft günstiger als andere Käufe und Verkäufe durchgeführt werden. OTC-Transaktionen erfolgen meist mit Derivaten, also mit von Aktien, Anleihen oder anderen Investmentformen abgeleiteten Finanzprodukten, wie zum Beispiel Spekulationen auf Kreditausfälle, sogenannte Credit Default Swaps (CDS).
Um kurzfristige Spekulationen mit solchen und ähnlichen Derivaten einzudämmen, überlegen nun einige Staaten die Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Ein Problem bei Derivaten ist nämlich, dass sich eine Preisveränderung oft auf einen ganze Reihe zugrunde liegender Anlageinstrumente auswirken kann und damit eine erhebliche Hebelwirkung entsteht.
Ideenreiche Spekulanten
Eine solche Steuer wird als "Tobin-Tax" bezeichnet, weil sie ursprünglich vom US-Wirtschaftsnobelpreisträger James Tobin vorgeschlagen wurde - und zwar 1972, also kurz nach der Abschaffung des Goldstandards für Währungen. Er wollte damit kurzfristige Spekulationen auf Währungsbewegungen verhindern. Über die folgenden Jahre griffen einige Länder die Idee in Form einer Finanztransaktionssteuer auf, verwarfen sie aber bald wieder, weil vor allem kleine Märkte eine Abwanderung von Investoren zu verzeichnen hatten, die mit dem zunehmenden 0nline-Handel und der Globalisierung der Märkte immer einfacher wird.
Außerdem fanden die Spekulanten andere Wege, kurzfristige Wetten abzuschließen. Wie es unlängst ein Wirtschaftsexperten formulierte: "Über den Erfindungsreichtum der Spekulanten brauchen wir uns keine Sorgen machen."
Eine Möglichkeit der Umgehung der Steuer sind CFDs. Diese "Contracts for Difference" oder "Differenzkontrakte" wurden von Londoner Händlern in den 1990er Jahren "erfunden", die die Stempelsteuer umgehen wollten. Diese hatte die Londoner Börse (LSE) auf alle nationalen Aktientransaktionen eingeführt.
Die Realwirtschaft leidet
Da bei diesen CFDs zwei Transaktionspartner außerbörslich Wetten auf Veränderungen von Kursen zum Beispiel am Aktienmarkt abschließen, selbst aber keine Aktien kaufen, entfällt die Stempelsteuer in London. Während also der größte Teil des OTC-Handels von einer Finanztransaktionssteuer erfasst wäre, da bei den meisten Derivaten Händler selbst Aktien, Anleihen, Rohstoffe oder Indizes kaufen, sind CFDs ein möglicher "Zufluchtsort" für Spekulanten.
Diese Flucht würden den Handel mit Derivaten verstärken, ohne dass dabei die Nachfrage nach zugrunde liegenden Werten ansteigt, ist Christian Helmenstein, Chefökonom der Industriellenvereinigung, überzeugt. Das würde bedeuten, dass es weniger Käufer für Aktien und Anleihen gibt - also ausgerechnet für jene Finanzinstrumente, die die österreichische Realwirtschaft stärken können.
Barbara Ottawa ist freie
Journalistin und berichtet
vorwiegend über Investitionen
und Pensionskassen.