Bis zu 50 Prozent des Ticketpreises bei Verspätungen. | Regelung hatte 2010 noch große Startprobleme. | Wien. Der Anschlusszug ist abgefahren, der Termin geplatzt, der Ärger groß. Entschuldigungen seitens der Bahngesellschaft sind da meist nur ein schwacher Trost. Gibt es hingegen Geld zurück, ist der Fahrgast gleich versöhnlicher gestimmt.
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Wer mit einem ÖBB-Zug mehr als eine Stunde verspätet ankommt, hat seit 3. Dezember 2009 Anspruch auf Entschädigung. Allerdings nur unter gewissen Voraussetzungen - diese wurden nun nach dem ersten Probejahr der neuen Fahrgastrechte verbessert.
Wer im Fernverkehr mit einer Verspätung von über 60 Minuten ankommt, dem steht eine Entschädigung von 25 Prozent des Ticketpreises zu, ab 120 Minuten Verspätung bekommt man 50 Prozent des Fahrkartenpreises retour.
Der Weg zum Geld ist jedoch kein einfacher: Mittels Formular - erhältlich am Schalter oder im Internet unter www.oebb.at/fahrgastrechte - muss ein "Antrag auf Entschädigung und Refundierung bei Zugverspätungen" gestellt werden, dem das ÖBB-Ticket beigelegt werden muss. Von Vorteil ist auch, sich eine Bestätigung der Verspätung ausstellen zu lassen, etwa vom Zugspersonal. Eine derartige Bestätigung kann bis zu sieben Tage nach der Verspätung auch an einem ÖBB-Schalter oder bis zu zwei Tage später auf der Homepage online angefordert werden. Die Refundierung des Geldes erfolgt dann entweder in Form von Bahn-Gutscheinen oder durch Überweisung auf ein Bankkonto beziehungsweise Rückverrechnung auf die Kreditkarte.
Lange Wartezeiten, bis das Geld fließt
"Wir sind bemüht, Ihren Antrag innerhalb eines Monats zu bearbeiten", heißt es auf der ÖBB-Homepage. 2010 hatte man mit dieser Auflage noch Probleme: "Letztes Jahr haben viele bis zu einem halben Jahr gewartet, bis überhaupt die Anträge beantwortet wurden", sagt Ursula Zechner, Geschäftsführerin der Aufsichtsbehörde Schienen Control GmbH, die als Schlichtungsstelle für ÖBB-Kunden fungiert. Jetzt sei die Situation besser, "aber es gibt nach wie vor viele Beschwerden, dass nicht pünktlich gezahlt wird".
Die Schienen Control hat nun verschiedene Punkte der neuen Fahrgastrechte zurechtgerückt: So soll nun nicht nur die Bearbeitung des Antrags, sondern auch die Auszahlung der Entschädigung innerhalb eines Monats erfolgen. Weiters verjähren die Ansprüche auf Entschädigung erst nach einem Jahr und nicht schon nach zwei Monaten, wie es noch auf der ÖBB-Homepage heißt. Bei einer Verspätung von mehr als 60 Minuten müsse die Bahn außerdem kostenlos Speisen und Getränke zur Verfügung stellen. Und: Belege wie das Ticket müssen für den Antrag nicht im Original, sondern können auch als Kopie vorgelegt werden.
Die Schienen Control nahm auch Anstoß an den bisherigen Ausschlussgründen der ÖBB für eine Fahrpreisentschädigung. Die meisten dieser Gründe, etwa außerhalb des Eisenbahnbetriebes liegende Umstände (zumeist witterungsbedingte oder technische Gründe), das Verhalten eines Dritten oder Streiks "sind zu streichen", verfügte die Schienen Control im Jänner. Ein ÖBB-Sprecher erklärte, dass die Entschädigungsbedingungen zwar geändert wurden, aber bei Verspätungen durch höhere Gewalt (Murenabgänge, Überschwemmungen) nach wie vor kein Geld zurückerstattet werde.
Sonderregelung für Jahreskartenbesitzer
Durchschnittlich erreichen die ÖBB im Fernverkehr eine Pünktlichkeitsrate von 75,7 Prozent, im Dezember 2010 waren es 71,8 Prozent, im Jänner des heurigen Jahres 89,7 Prozent. Die für die Entschädigung relevanten Verspätungen über 60 Minuten machen lediglich 0,97 Prozent der Ankünfte aus.
Besitzer von übertragbaren Zeitkarten wie Wochen- oder Monatskarten erhalten keine Entschädigung, weil man nicht feststellen kann, ob sie von einer Verspätung betroffen waren. Für Besitzer von Verbund-Jahreskarten gilt im Nahverkehr eine eigene Regel: Sind mehr als zehn Prozent der Züge auf ihrer Strecke unpünktlich, werden für jedes Monat, in dem das der Fall ist, zehn Prozent des Preises einer Monatskarte ausbezahlt.
Wenn ein Zug im Fernverkehr schon beim Fahrtantritt mehr als 60 Minuten verspätet ist oder gar ausfällt, haben die Bahnkunden die Wahl: Entweder sie verzichten auf den Antritt der Reise und erhalten den Fahrpreis zurück, oder sie nehmen einen anderen Zug. Ist eine begonnene Reise durch den Ausfall oder die Verspätung zwecklos geworden, muss man laut ÖBB "unverzüglich zum Ausgangspunkt" zurück und erhält den vollen Fahrpreis erstattet.
Erreicht man wegen einer Verspätung den letzten Anschlusszug des Tages nicht mehr, hat man Anrecht auf den Ersatz der Kosten einer Hotelübernachtung bis zu 80 Euro in einem Vertragshotel der ÖBB oder die Kosten für die Weiterfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Stehen diese nicht zur Verfügung, übernimmt die Bahn Taxikosten bis zu 50 Euro.