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Zugang zu Energie ist der erste Schritt aus der Armut

Von Veronika Eschbacher

Politik

Norwegischer Entwicklungsminister will Energie als eines der UN-Millenniumsziele.


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Wien. UNO und Weltbank haben sich ehrgeizige Ziele gesetzt: Bis 2030 sollen alle - dann wohl schon 8 Milliarden - Menschen auf der Erde Zugang zu Strom haben. Heute müssen 1,2 Milliarden ohne Elektrizität auskommen, zwei Drittel davon leben in zwanzig Ländern Asiens und Afrikas.

Genau dort verwenden noch drei Viertel der Menschen feste Brennstoffe - Holz, Holzkohle, Tierdung oder Ernteabfälle - zum Kochen und Heizen. Wie die Welt mit leistbarer und sauberer Energie versorgt werden kann und Menschen damit aus der Armut geführt werden können, diskutierten Energie-Experten aus aller Welt diese Woche, ein Jahr nach der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung ("Rio+20"), beim Vienna Energy Forum in der Wiener Hofburg.

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon hat 2011 die Initiative "Sustainable Energy for All" (Nachhaltige Energie für Alle" - SE4ALL) ins Leben gerufen. Eine weltweite Koalition aus Regierungen, Privatwirtschaft und Zivilgesellschaft soll aktiviert werden, um bis 2030 drei Ziele zu verwirklichen: universeller Zugang zu Energie, Verdoppelung der erneuerbaren Energien am weltweiten Energiemix und die Verdoppelung und Verbesserung des Energienutzungsgrades. "Zugang zu Energie ist ein entscheidender Faktor für Entwicklung", sagt der norwegische Entwicklungsminister Heikki Holmås im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" und erzählt von einem Zimmermann, den er in El Salvador getroffen hat. "Dieser hat eine Stunde gebraucht, um eine Holzfläche zu bearbeiten. Jetzt, mit Strom, macht er dasselbe in zwei Minuten, und in Wirklichkeit profitiert das ganze Dorf davon."

Zielüberprüfung möglich

Holmås zufolge, der auch im UN-Gremium der Energieinitiative sitzt, sind die selbst gesteckten Ziele erreichbar. "Man muss Ambitionen haben", fordert der Minister und lässt die Voraussage der Internationalen Energieagentur (IEA), der zufolge 2030 immer noch fast gleich viele Menschen wie heute keinen Zugang zu moderner Energieversorgung haben werden, nicht gelten. Es gäbe positive Beispiele. "In Ländern wie Ghana oder Nigeria haben jährlich vier Prozent mehr Menschen Zugang zu Strom." So hätte auch Norwegen vor 100 Jahren mit deutscher Technologie die Stromversorgung realisiert.

Wichtig sei aber vor allem die richtige Strategie. "Wenn man Energiefragen immer nur aus dem Blickwinkel der Auswirkungen auf das Klima sieht, dann schließt man viele aus der Debatte aus", sagt Holmås. Es sei sehr schwer, sich etwa darauf zu einigen, um wie viel jedes Land die CO2-Emissionen reduzieren soll. Auf ein Bekenntnis zu einem Mehr an nachhaltiger Energie könne man sich jedoch sehr wohl einigen. "China ist der größte CO2-Emittent der Welt, aber das Land tätigt gleichzeitig die größten Investitionen in nachhaltiger Energie", erläutert der Minister.

Als nächster Schritt sei es nun wichtig, Energie in die nächsten UN-Millenniumsziele ab 2015 zu inkludieren. "Die drei SE4ALL-Ziele müssen auf jeden Fall in die Millenniumsziele", sagt Holmas, "wenn man das nicht schafft, wird es hart, Geld und Politik für die Ziele zu mobilisieren." Danach könne man über weitere Ziele wie etwa den Kampf gegen die Luftverschmutzung diskutieren.

Am Vienna Energy Forum wurde ein Instrument vorgestellt, mit dem nun erstmals weltweite Daten rund um das Thema Energie verfügbar sind. Mit dem unter Federführung der Weltbank erstellten "Global Tracking Framework Report" können ab sofort die Fortschritte auf dem Weg zu den drei SE4ALL-Zielen überwacht werden. Dem Bericht zufolge liegt aber noch viel Arbeit vor Holmås und seinen Kollegen: So muss sich etwa das Tempo des Energieausbaus verdoppeln, wenn das Ziel von Vollversorgung bis 2030 erreicht werden soll.