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Kommission sucht Ausweg aus dem Gentechnik-Patt. | Hoffen auf eine reibungslosere EU-Genehmigung. | Brüssel. Jetzt ist es offiziell: Die EU-Kommission erlaubt den Mitgliedstaaten, wieder selbst über den Anbau von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) auf ihrem Staatsgebiet zu entscheiden. Die wissenschaftsbasierte zentrale Zulassungsprozedur für die mutierten Feldfrüchte werde zudem unverändert bleiben, erklärte Gesundheitskommissar John Dalli am Dienstag.
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Damit versucht er offenbar ein seit vielen Jahren herrschendes Patt um die Genehmigung von Genpflanzen aufzulösen. So hat es in den vergangenen zehn Jahren bloß die Zulassung von einem GVO gegeben - Genkartoffel Amflora von BASF. Nur diese und der Genmais Mon810 des US-Biotechriesen Monsanto dürfen derzeit in der EU angebaut werden.
Einen "glatten Erfolg für Österreich" sieht Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich. Er hatte sich massiv für das Selbstbestimmungsrecht der EU-Länder beim GVO-Anbau eingesetzt. Die Äcker des Landes könnten gentechnikfrei bleiben. Dass es im Gegenzug mehr Zulassungen von künstlich optimierten Ackerpflanzen geben würde, wie Grüne und Umweltschutzgruppen monieren, sei "reine Spekulation und Panikmache." Österreichs Verbündeter bei dem Projekt waren aber die gentechnikfreundlichen Niederlande, die an einem kommerziellen Anbau von Genmais und Co interessiert sind. Derzeit werden in der EU rund 90.000 Hektar Mon810 angebaut, und das vor allem in Spanien. Weltweit sind es mehr als 130 Millionen Hektar GVO-Ackerflächen.
Die EU-Genehmigungsverfahren würden aber nicht beschleunigt, sagte auch Dalli. Er werde als Gegenleistung für sein Entgegenkommen nicht von den Mitgliedstaaten verlangen, künftig mehr GVO zuzulassen. Mit sofortiger Wirkung hat der Malteser die Regeln für die Koexistenz von Genlandbau sowie konventionellen und Bioäckern gelockert. So können gentechnikkritische Länder den Anbau von Genpflanzen großflächig verbieten.
Sozioökonomische oder ethische Gründen
In einem zweiten Schritt soll auch die EU-Freisetzungsrichtlinie geändert werden. Nicht nur aus wissenschaftlich belegbaren, sondern auch aus sozioökonomischen oder ethischen Gründen könnten die EU-Länder schließlich Anbauverbote verhängen. Diese müssten der EU-Kommission nur noch formlos mitgeteilt werden. Bis zur rechtlichen Absicherung müssen aber noch die Mitgliedstaaten und das EU-Parlament hinter dem Vorschlag versammelt werden.
Als Ergebnis rechnet die Kommission offenbar damit, dass sich einige Länder aus jener Gruppe herauslösen, welche die Zulassungen bisher blockiert haben, weil künftig ohnehin jedes Land selbst über den Anbau entscheiden könnte.