Wien und Bern deuten Einlenken an. | Aufstand gegen "Schwarze Liste" von Steueroasen. | Brüssel. Unter dem wachsenden Druck auf das österreichische Bankgeheimnis musste Finanzminister Josef Pröll am Montag Zugeständnisse machen: "Was wir nicht wollen, ist der automatische Austausch von Kontendaten", umriss er die Linie Wiens. Gesprächsbereit sei man beim Stopfen von Schlupflöchern oder der Kooperation in Steuerdelikten.
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Damit zieht sich die österreichische Regierung offenbar auf den innersten Kern des Bankgeheimnisses zurück. Dieses sei aber auch in Zukunft ein integraler Teil des österreichischen Finanzsystems, betonte Pröll. Ganz ähnlich äußerte sich sein Schweizer Kollege Hans-Rudolf Merz nach einem gemeinsamen Krisentreffen zum Bankgeheimnis mit dem Luxemburger Budgetminister Luc Frieden. Nicht auf sich sitzen lassen wollten die drei allerdings die Erstellung von "Schwarzen Listen" von Steueroasen über ihren Kopf hinweg. Deren Legitimation sei völlig unklar, erklärte Pröll.
Die meisten EU-Länder tauschen die Daten über ihre Konteninhaber automatisch aus. Österreich, Luxemburg und das Nicht-EU-Land Schweiz vermeiden das und heben dafür eine Quellensteuer ein, die sie an die Herkunftsländer der Bankkunden weiterleiten.
Details bleiben offen
Geöffnet werden müssen Konten in Österreich nur, wenn es ein heimisches Gericht anordnet. Dieses leistet Amtshilfe, wenn der "Verdacht auf eine strafbare Handlung" vorliegt, der bei Steuervergehen bei einem Betrag von 75.000 Euro beginnt. Im Zuge eines Finanzstrafverfahrens kann auch ein Finanzamt ein Konto per Bescheid öffnen.
Die Schweiz und Luxemburg leisten bisher nur bei Steuerbetrug Amtshilfe. Dieser unterscheidet sich von der Steuerhinterziehung durch zusätzliche strafrechtlich relevante Tatbestände wie Urkunden- oder Bilanzfälschung.
Konkrete Zugeständnisse führte Pröll nicht aus: Präzisiert werden müsse, "wann und in welchen Verdachtsfällen Informationen ausgetauscht" werden könnten.
Die Schweiz überlegt unterdessen dem Vernehmen nach, ihre Definition von Steuerbetrug ein wenig weiter zu fassen. So verlangt ein Musterabkommen der OECD die Kooperation bei "Steuerbetrug und dergleichen". In diese Richtung könnte sich die Regierung in Bern bewegen.
"Keine Legitimation"
Entschieden verwahrte sich Pröll jedoch dagegen, dass "juristisch an Listen ohne Grundlage herumgedoktert" werde. Es handle sich um eine Liste, deren Kriterien unbekannt seien und die einfach politisch in den Raum gestellt werde. Die Legitimation der G20 dafür könne er nicht erkennen. Diesen will die EU-Kommission für den Weltfinanzgipfel am 2. April die Aufstellung von Listen "unkooperativer Länder in Steuerfragen" und gemeinsame Strafmaßnahmen ins Merkheft schreiben. Auf der "Schwarzen Liste" der OECD befinden sich gegenwärtig nur Liechtenstein, Monaco und Andorra.
Die EU-Verhandlungsposition muss Mitte März erst einstimmig von den Staats- und Regierungschefs abgesegnet werden. Ein Veto aus Österreich oder Luxemburg sei aber noch kein Thema, beschwichtigte Pröll. Es müsse erst geklärt werden, was das überhaupt heißen solle. Klar sei lediglich, dass "Österreich bei weitem nicht im Kontext von Off-Shore-Steueroasen" gesehen werden könne.
Diplomaten großer Mitgliedsstaaten beschwichtigten, es gebe "keine Überlegung, EU-Länder wie Österreich und Luxemburg auf eine Liste zu setzen." Allerdings müssten sich die Länder öffnen, um das Problem zu lösen.
Indes warnte Nationalbank-Direktor Andreas Ittner davor, durch eine Lockerung des Bankgeheimnis für "Zusatzirritationen" in der Bevölkerung zu sorgen. Diese sei ohnehin durch die Finanzkrise verunsichert. Laut Nationalbank sind es hauptsächlich Deutsche und Italiener, die ihr Geld in Österreich geparkt haben. Das Einlagenvolumen deutscher Haushalte beläuft sich auf 7,3 Mrd. Euro, das italienischer auf 1,4 Mrd. Euro. Auf heimischen Wertpapierdepots liegen 22,4 Mrd. Euro, die ausländischen Privathaushalten zuordenbar sind.