In der europäischen Wirtschaft herrscht Stagnation, Lichtblick ist nur die Entwicklung in Spanien und Portugal.
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Frankfurt. (ce) Es waren keine berauschenden Nachrichten, welche die Statistiker in Luxemburg diese Woche zu verkünden hatten. Das saisonbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) in der Eurozone, so teilte Eurostat mit, blieb von April bis Juni im Vergleich zum ersten Quartal 2014 unverändert. In der EU insgesamt sei es um 0,2 Prozent gestiegen. Im ersten Quartal 2014 war das BIP im Vergleich zum letzten Quartal 2013 im Euroraum um 0,2 Prozent und in der EU insgesamt um 0,3 Prozent gewachsen.
Einer der wichtigsten Gründe für das schwache Abschneiden der europäischen Wirtschaft ist, dass die größte Volkswirtschaft von Euroland eine Wachstumsdelle hinnehmen muss. Erstmals seit Ende 2012 ist die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal wieder geschrumpft. Dass das deutsche BIP um 0,2 Prozent zurückging, überraschte selbst Experten.
Dass der Zuwachs von 0,7 Prozent im ersten Quartal in Deutschland diesmal bei weitem nicht zu erreichen ist, war allerdings allen klar. Im Zeitraum Januar bis März hatte der milde Winter dafür gesorgt, dass fleißig gebaut werden konnte. Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden bestätigte denn auch, dass "die Investitionen insbesondere in Bauten deutlich" zurückgegangen seien. Da allerdings auch die Exporte weniger stark stiegen als die Importe, dämpfte der Außenhandel insgesamt die Konjunktur, erläutern die Statistiker in ihrer Mitteilung. Lediglich der private und öffentliche Konsum sorgte dafür, dass die Zahlen nicht noch drüber ausfallen.
Frankreich bereitet Sorgen
Zur Aufhellung des Bildes trägt nicht gerade bei, dass auch die zweit- und die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone schwach abschneiden. Die französische Wirtschaft konnte beim BIP zum zweiten Mal in Folge keinen Boden gutmachen. Das Wachstum werde im Gesamtjahr wohl nur 0,5 Prozent betragen, hatte Finanzminister Michel Sapin schon vor Bekanntwerden der Quartalsstatistik in der Tageszeitung "Le Monde" eingeräumt. Es sei zudem unwahrscheinlich, dass es 2015 zu einem Wachstum von deutlich mehr als 1 Prozent reichen werde. Bislang war die Regierung für 2014 von einem Plus von 1 Prozent ausgegangen und hatte für 2015 mit 1,7 Prozent gerechnet. Durch das geringere Wachstum werde das Staatsdefizit in diesem Jahr wohl über der Vier-Prozent-Marke liegen, so der Minister.
Dass sich auch Italien mehr und mehr zum Sorgenkind der Zone mit der Gemeinschaftswährung entwickelt, war schon vor der Veröffentlichung der Zahlen aus Luxemburg klar. Nach einem BIP-Rückgang von 0,1 Prozent im ersten Quartal folgte jetzt ein Minus von 0,2 Prozent. Zwei Negativ-Quartale in Folge werden als Wirtschaftsrezession definiert. Auf der Iberischen Halbinsel dagegen gibt es wenigstens einen Lichtblick. Die Krisenländer Spanien und Portugal konnten beim BIP im zweiten Quartal jeweils um 0,6 Prozent zulegen. Einige Anzeichen sprechen dafür, dass die Konjunkturdelle in der Bundesrepublik nicht so bald ausgebeult werden kann. So ist der Konjunkturindikator des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim im August im Vergleich zum Juli um 18,5 auf 8,6 Punkte gesunken. Das ist nach dem Hoch von 60 Punkten im Dezember und Januar der tiefste Wert dieses Messstabs seit Dezember 2012. Zudem ist das Neugeschäft der deutschen Industrie eingebrochen. Vor allem wegen eines starken Nachfrage-Rückgangs aus der Eurozone seien die Aufträge für die deutsche Industrie im Juni im Vergleich zum Mai um 3,2 Prozent zurückgegangen, teilte das Statistische Bundesamt vor wenigen Tagen mit. Das ist das größte Minus seit September des Jahres 2011.