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Zukunft der "levée en masse"

Von Andreas Mölzer

Gastkommentare

Nicht die Wehrpflicht für Frauen, sondern eine gut bezahlte Dienstpflicht für alle jungen Staatsbürger muss das Ziel sein.


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Die allgemeine Wehrpflicht ist bekanntlich ein Produkt der Französischen Revolution. Mit der "levée en masse" fegten die Revolutionsstrategen das aristokratische System im alten Frankreich hinweg, um dann in einem Aufwasch gleich die Heere der gegnerischen europäischen Monarchien zu besiegen.

Diese allgemeine Wehrpflicht wird gegenwärtig europaweit in Frage gestellt, sogar unsere deutschen Nachbarn debattieren über ihre Abschaffung. In Österreich hat sie deshalb einen besonderen Stellenwert, da sie für die Sozialdemokratie aus der düsteren Erinnerung der 1930er Jahre ein Garant dafür ist, dass nicht noch einmal wie damals Berufssoldaten auf Arbeiterwohnungen schießen. Nichtsdestotrotz ist sie aber auch hierzulande militärisch überholt.

Zwar ist auch die Debatte, welchen Beitrag Österreich im integrierten Europa für militärische Aufgaben zu leisten hätte, längst nicht abgeschlossen. Klar ist allerdings, dass diese Aufgaben, wie auch immer sie aussehen mögen, nur von hochqualifizierten Profis geleistet werden können und nicht von Kurzzeit-Wehrpflichtigen.

Die Kader des Bundesheers, die beispielsweise in den vergangenen Jahren bei den Auslandseinsätzen eingesetzt wurden, erfüllen diese Anforderungen zu großen Teilen schon. Aus ihnen so etwas wie eine kleine, aber wirklich brauchbare Berufsarmee zu formen, ist nur eine Frage des politischen Willens und der Finanzierung. Beides bekanntlich in Österreich schwer herstellbar, dennoch kein Ding der Unmöglichkeit.

Folglich kann es also nicht darum gehen, vermeintliche Gleichheit herzustellen, indem die allgemeine Wehrpflicht von Männern auch auf Frauen ausgeweitet wird, sondern es muss endlich ernsthaft debattiert werden, ob es nicht eine andere Form des Dienstes für junge Staatsbürger geben müsste. Man müsste endlich in der Lage sein, ohne Rücksichtnahme auf historische Hypotheken - Stichwort "Arbeitsdienst" - darüber zu reden, ob nicht allen Staatsbürgern, jungen Männern wie Frauen, ob begütert oder Sozialhilfeempfänger, ob akademisch gebildet oder völlig unqualifiziert, so etwas wie eine allgemeine Dienstpflicht gegenüber dem Staat und der Gesellschaft auferlegt werden sollte.

Diese Dienstpflicht könnte ein halbes Jahr oder ein Jahr ausmachen und sie sollte je nach Tätigkeit kollektivvertragsgemäß bezahlt werden. Die jetzige Wehrpflicht und der gegenwärtige Zivildienst, aber auch andere soziale und öffentlichkeits-nützliche Dienste wie etwa der Gedenkdienst, könnten in einer solchen allgemeinen Dienstpflicht aufgehen.

Die Gleichheit zwischen Mann und Frau wäre damit natürlich gegeben. Es könnte durch eine solche Dienstpflicht zu einem gewissen sozialen Ausgleich zwischen begüterten und bedürftigeren Bevölkerungsschichten kommen. Zuwanderer und Neubürger hätten die Möglichkeit, ihre Solidarität mit ihrer neuen Heimat zu beweisen. Und in Bereichen, wo es Arbeitskräftemangel gibt, wäre damit ein positives Ventil geschaffen.

Andreas Mölzer ist EU-Abgeordneter der FPÖ.