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Zukunftsvorsorge-Markt schrumpft

Von Rosa Eder-Kornfeld

Wirtschaft
Unbeschwert in den Ruhestand: Wer finanziell vorgesorgt hat, braucht sich nicht einzuschränken.
© fotolia/Jenny Sturm

"Grasser-Rente": Zahl der Verträge zum vierten Mal in Folge rückläufig.


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Wien. Zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Das wollte im Jahr 2003 der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser mit der Einführung der "Prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge". Einerseits sollten die Österreicherinnen und Österreicher dazu animiert werden, freiwillig etwas auf die hohe Kante zu legen, andererseits sollte der heimische Kapitalmarkt belebt werden.

Ausgestattet mit staatlicher Prämie, Kapitalgarantie und Steuerfreiheit bei der Auszahlung als Rente erfreuten sich die neuen Zukunftsvorsorgeprodukte der Versicherungen und Kapitalanlagegesellschaften (KAGs) vom Start weg großer Beliebtheit. So wurden in den ersten beiden Jahren 465.000 Verträge abgeschlossen und 530 Millionen Euro veranlagt. 2008 wurden bereits 1,3 Millionen Verträge gezählt, das verwaltete Vermögen betrug 2,79 Milliarden Euro.

Grasser machte damit Österreich zum Land der Aktionäre, denn den Anbietern wurde vorgeschrieben, die Zukunftsvorsorge-Gelder ihrer Kunden zu mindestens 40 Prozent in (vorwiegend österreichischen) Aktien anzulegen. Solange die Börsenkurse stiegen, wurde das auch nicht groß hinterfragt, immerhin sollte der hohe Aktienanteil ja mehr Rendite bringen als etwa Anleihen oder Sparbücher.

Dann kam die vom US-Immobilienmarkt ausgehende Finanzkrise, in deren Sog auch die Wiener Börse geriet. Nahezu alle ATX-Unternehmen - darunter Erste Group, Raiffeisen International, Voestalpine, OMV - verzeichneten im Jahr 2008 zweistellige Verluste, der ATX brach um 62 Prozent ein. Die Performance der "Grasser-Rente" belief sich auf minus 15,3 Prozent. 2007 waren es noch plus 1,3 Prozent gewesen.

Zahlreiche Zukunftsvorsorgeverträge wurden "ausgestoppt", das heißt, der Aktienanteil wurde aufgegeben beziehungsweise auf ein Minimum reduziert, was das "Aus" für die in Aussicht gestellten üppigen Renditen bedeutete.

Ende 2016 lag die Zahl der Verträge, bei denen die ertragswirksame Aktienquote unter 1 Prozent reduziert wurde, um zumindest das eingezahlte Kapital garantiert wieder auszahlen zu können, bei 26.952 oder 2 Prozent aller aufrechten Verträge, teilte die Finanzmarktaufsicht (FMA) mit. "Das Problem dieser sogenannten ‚ausgestoppten Verträge‘ betrifft insbesondere die KAGs, bei denen der Anteil 16,7 Prozent beträgt, während es bei Versicherungsunternehmen nur 1,7 Prozent der Verträge trifft", so die FMA.

8,4 Milliarden Euro Anlagevermögen

Im vergangenen Jahr stieg das in der "Prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge" (PZV) verwaltete Vermögen um 2,9 Prozent auf 8,4 Milliarden Euro, wobei die Kapitalanlagegesellschaften ein Rückgang um 35 Prozent auf 236 Millionen Euro und die Versicherer einen Zuwachs um 4,6 Prozent auf 8,2 Milliarden Euro verzeichneten. Grund für den starken Rückgang bei den KAGs ist laut FMA, dass sie seit 2010 kein Neugeschäft mehr schreiben und die bestehenden Verträge mit ausschließlich zehn Jahren Laufzeit nun großteils auslaufen.

Die Zahl der Verträge war das vierte Jahr in Folge rückläufig: Der Bestand sank um 8,5 Prozent auf 1.377.272 Verträge zum Jahresultimo. Dabei ging der Bestand bei den Versicherungsunternehmen um 6,7 Prozent zurück, bei den KAGs gar um 57 Prozent.

Die Zahl der Neuverträge der Assekuranzen sank um 19 Prozent auf 18.474 Stück. 2015 hatte es noch 22.907 Neuverträge gegeben, 2014 sogar 29.030. Auch gab es zuletzt nur noch 12 aktive Anbieter. Auch in den kommenden Jahren sei mit einer stark fallenden Anzahl der PZV-Verträge zu rechnen, so die Finanzmarktaufsicht. Nach ihrer Einschätzung werden 2017 voraussichtlich nur noch sieben aktive Anbieter im Markt verbleiben.

Der Veranlagungserfolg (vor Kosten) betrug im Vorjahr plus 5,9 Prozent (Versicherungsverträge: plus 5,81 Prozent, Verträge von Kapitalanlagegesellschaften: minus 0,17 Prozent).

Verbesserte Transparenz

Um mehr Transparenz in die sehr unterschiedliche Kostenstruktur der einzelnen Anbieter zu bringen, hat die Finanzmarktaufsichtsbehörde die Informationspflichten für die Anbieter von Zukunftsvorsorgeprodukten Anfang 2016 verschärft. Ein Vergleich der nun erforderlichen Angaben zeige, dass die verrechneten Kosten im vorherrschenden Niedrigzinsumfeld die Gesamtverzinsung beträchtlich reduzieren. Im extremsten Fall betrage diese Minderung gar 46 Prozent, wodurch dem Kunden von einer Gesamtverzinsung von 2,5 Prozent effektiv nur 1,35 Prozent weitergegeben wurden.

Der FMA-Vorstand empfiehlt daher den Verbrauchern, insbesondere auch angesichts der langen Laufzeiten der Verträge, die Informationen, die ihnen zur Verfügung zu stellen sind, sehr genau zu analysieren. 70,1 Prozent der Verträge haben eine Laufzeit von länger als 25 Jahren, mehr als ein Viertel (25,9 Prozent) sogar von länger als 45 Jahren.

Staatliche Förderung

In den vergangenen Jahren wurden neue Regeln - unter anderem bei der Aktienquote - geschaffen, um die Zukunftsvorsorge wieder attraktiver zu machen. Die staatliche Förderung wurde jedoch verringert. Sie betrug in den vergangenen vier Jahren 4,25 Prozent der eingezahlten Prämie. 2010 waren es noch 9 Prozent, 2011 waren es 8,5 Prozent.

Die höchstmögliche prämienbegünstigte Einzahlung ist von 2561,22 Euro im Jahr 2015 auf 2676,89 Euro gestiegen. Die höchstmögliche staatliche Prämie für 2016 liegt mit 113,77 Euro erneut über dem Vorjahreswert von 108,85 Euro, aber deutlich unter dem Höchstwert 2009 von 210,35 Euro.