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Eigentlich ist es eine veritable Steuerreform geworden, die kurz vor Ende der Legislaturperiode ausformuliert wurde. Sogar noch nach der Zweiten Lesung im Hohen Haus hatte man die Geschäftsordnung bemühen müssen, um letzte Ergänzungen in das Reformgesetz mit den vier Programmpaketen einzuschleusen: in das Hochwasseropfer-Paket, das Konjunkturpaket, das Lehrlingspaket und das Pensionsvorsorgepaket. Eine Pensionsvorsorge im "Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz"? Anderswo war kein Platz mehr.
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Als die "Abfertigung-Neu" erfunden wurde, hatte die Regierung versprochen, auch für die Selbstständigen ein steuergünstiges Vorsorgepaket zu schnüren. Herausgekommen ist die "Prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge" für (fast) alle Bürger des Landes. Wer Ansparbeträge für seine Pension reserviert, soll dafür innerhalb bestimmter Grenzen und Auflagen eine besondere Prämie vom Staat erhalten. Es geht wieder einmal um die "dritte Säule" für den Lebensabend.
10-jährige Kapitalbindung
Als Ansparer willkommen sind nun aber alle "unbeschränkt steuerpflichtigen" Bürger, die das 62. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Sie dürfen ab 2003 einen bestimmten Betrag in eine bestimmte Zukunftsvorsorgeeinrichtung (ZVE) einzahlen und erhalten dazu eine bestimmte (steuerfreie) Prämie vom Staat. In der Regierungsvorlage sind noch optimistische 10% für einen jährlichen Maximalsparbetrag von 1.801 Euro vorgesehen. Aber schon für das erste Jahr 2003 stimmt die Ansage nicht mehr. Durch Herabsetzung des Zinsfußes werden es bloß 9,5% sein und durch Verbreiterung des begünstigten Jahressparbetrages auf 1.851 Euro gibt's statt 180 nur höchstens 176 Euro als Prämie.
Um in die prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge einzusteigen, bedarf es eines Vertrages mit einem der dafür vorgesehenen "Zukunftsvorsorgeinstitute". Dort muss man die unwiderrufliche Erklärung abgeben, dass man sich mindestens 10 Jahre lang zur Kapitalbindung verpflichtet. In dieser Zeit besteht absolut keine Chance, an das Ersparte heranzukommen.
Cash oder Verrentung
Nach Ablauf der 10 Pflichtjahre hat der Sparer ein Wahlrecht: er kann das gute Geld bar abrufen oder er kann es für eine Verrentung vorsehen, indem er der ZVE den Auftrag gibt, das Gesamtguthaben an eine Pensionszusatzversicherung oder an eine Pensionskasse zu überweisen oder in einem Pensionsinvestmentfonds (PIF) zu veranlagen. Der Unterschied ist wesentlich. Bei Barauszahlung muss nämlich die Hälfte der bisher beanspruchten Prämien wieder an den Fiskus zurückbezahlt werden. Außerdem sind die im Auszahlungsbetrag enthaltenen (angesammelten) Kapitalerträge mit 6% zu versteuern.
Bei Übertragung des Guthabens an eine der ZVE sind die aus der Verrentung künftig fließenden Pensionen total einkommensteuerfrei, freilich nur soweit sie auf Einzahlungen innerhalb der jährlichen Ansparlimits zurückzuführen sind; denn natürlich erlaubt das Gesetz auch höhere (prämienlose) Einzahlungen. Bei der Vereinbarung mit der ZVE kann vorgesehen werden, dass die Pensionszahlungen bereits nach Vollendung des 40. Lebensjahres des Sparers beginnen.
Aktienzwang für die ZVE
Wer sind die in Frage kommenden Vorsorgeinstitutionen? In Frage kommen die inzwischen bereits konzessionierten Mitarbeitervorsorgekassen des Systems "Abfertigung Neu", ferner die üblichen Rentenversicherer und Pensionskassen und die Kapitalanlagegesellschaften der Pensionsinvestmentfonds.
Diese Institute kämpfen freilich mit einer harten gesetzlichen Auflage. Sie müssen die ihnen anvertrauten Pensionsbeträge zu mindestens 60% in solchen Aktien veranlagen, "die an einer in einem Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes gelegenen Börse erstzugelassen sind und in Österreich öffentlich angeboten werden, wobei der Anteil der Börsenkapitalisierung der in diesen Mitgliedstaat erstzugelassenen Aktien 30% des Bruttoinlandsproduktes dieses Mitgliedstaates nicht übersteigen darf".
Kapitalgarantie als Problem
Diese auf kapitalmarktschwache EWR-Börsen (wie etwa Portugal oder Griechenland) ausgerichteten Anlagevorgaben haben bei den ZVE Kopfschütteln und Risikobedenken ausgelöst. Bisher hat erst ein Institut kundgemacht, ein auf diese Vorgaben gestütztes Pensionsprodukt angebotsreif zu machen. Es ist wahrscheinlich, dass die geballte Lobby der ZVE auf eine Lockerung dieser gesetzlichen Auflage hinarbeiten wird. Dazu kommt, dass die ZVE gemäß Gesetzesauftrag dem Pensionssparer für den Fall der Verrentung eine Kapitalgarantie versprechen müssen: die Werterhaltung seiner einbezahlten Sparbeträge und Prämien. Nur im Falle der Barauszahlung darf die Garantie entfallen.
1.000-Euro-Auslaufmodell
Bleibt die Frage: Was wird aus dem derzeit bestehenden 1.000 Euro-Pensionssystem, das erst im Jahre 2000 eingeführt wurde und das gleichfalls mit einer steuerfreien Prämie gekoppelt ist? Wer will, kann noch bis Ende 2003 in dieses Modell einsteigen; wer will kann aus dem PIF-Modell bis Ende 2004 in das neue Prämiensystem umsteigen. Das Modell 2000 ist ein Auslaufmodell. So kurzlebig können hochgelobte "dritte Säulen"-Modelle sein.
Versicherer und Banker sehen freilich auch das neue Vorsorgemodell sehr differenziert. Sie verweisen darauf, dass die 1.000 Euro-Schöpfung aus dem Jahr 2000 in der Praxis wenig Resonanz gefunden hat. Sie verweisen auf die 10jährige unangreifbare Kapitalbindung des neuen Modells, auf die (aus ihrer Sicht unvertretbare) 60%ige Aktienpflichtveranlagung und auf die vom Staat nicht garantierte Rendite, die bei sinkenden Zinsen und höherem Sparlimit ausgehöhlt wird. Ein Banker bringt es auf den Punkt: "Es wird nicht der letzte fiskalische Versuch sein, die dritte Säule schmackhaft zu machen."