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"Zum Glück liegt ein anderer unterm Papier"

Von Christian Rösner

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Christian Rösner ist Leiter des Wien Ressorts.
© © Stefan Joham

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Kurt Sowinetz hat einmal von einem Mann gesungen, der am Graben mit Packpapier zugedeckt am Boden liegt. "Zerst gibt’s da an Riss, dann geht ma vorbei. Am besten net hinschaun - aha, Polizei."

Damit hat er bereits in den frühen 1970ern treffend den Umgang der Bevölkerung mit dem Thema Armut beschrieben. Denn Hand aufs Herz, wie oft sind Sie schon weitergegangen, wenn Sie jemanden auf der Straße mit aufgehaltener Hand gesehen haben?

Vielen scheint es unangenehm, sich mit bedürftigen Menschen auseinanderzusetzen. Oder ist es nicht vielmehr das schlechte Gewissen, das einen beschleicht, wenn man jemanden sieht, dem es schlecht geht? Da ist es natürlich viel einfacher, nach einem Bettelverbot zu schreien: Aus den Augen, aus dem Sinn. Dabei müsste man doch nur einmal kurz fragen, was der Betroffene braucht. Vielleicht ist es nur ein Geldstück oder nur ein kurzes Zuhören. Danach würde es vielleicht beiden besser gehen. Aber des Menschen Strategie, mit diesem Thema umzugehen, ist oft eine andere - heute wie damals.

Am Schluss des Liedes beschreibt Sowinetz, wie gut plötzlich das Gulasch beim Wirten schmeckt. "Drauf trinkt ma mit Gusto no a zweit’s Krügerl Bier - zum Glück liegt ein anderer unterm Papier."