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Zum Kompromiss verdammt

Von Daniel Bischof

Politik

Schwarz-Blau und Van der Bellen: Das könnte noch zu Konflikten führen. Eine rechtliche Analyse.


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Wien. Ein Fan von Schwarz-Blau ist Alexander Van der Bellen bekanntermaßen nicht. Der Bundespräsident hat bereits versichert, die inhaltlichen Ziele, aber auch die personellen Vorschläge einer künftigen Regierung sehr genau zu prüfen. Die europäischen Grundwerte müssten der Kompass für die Zukunft bleiben. Gerüchten zufolge will der Bundespräsident gewisse Ministerien nicht in blauer Hand sehen.

Van der Bellen habe Wahl- und Verhandlungsergebnisse zu akzeptieren, meinte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache am Mittwoch. Dem Bundespräsidenten stehe keine Zensur zu. Die Wortmeldungen zeigen: Zwischen dem Bundespräsidenten und einer möglichen schwarz-blauen Regierung könnte es zu so manchem Konflikt kommen. Die "Wiener Zeitung" analysiert die Rechtslage und den weiteren Fahrplan für die Regierungsbildung.

Kann Van der Bellen FPÖ-Minister ablehnen?

Mit eisiger Miene gelobte Bundespräsident Thomas Klestil am 4. Februar 2000 die schwarz-blaue Regierung unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel an. Zuvor hatte er zwei FPÖ-Kandidaten für Ministerposten abgelehnt. Auch nun steht im Raum, dass Van der Bellen so manchen FPÖler als Minister nicht akzeptieren könnte.

Der Bundespräsident ernennt den neuen Kanzler und auf dessen Vorschlag hin auch die neuen Minister. "Die Macht des Bundespräsidenten ist hier in der Realität ziemlich begrenzt", erklärt aber der Verfassungsjurist Heinz Mayer. Denn rechtlich habe der Bundespräsident zwar diese Ablehnungsmöglichkeit. Politisch schaue es aber anders aus. So habe der Bundespräsident ein Problem, wenn sich eine Koalition einige und verkünde, dass sie nur "komplett oder gar nicht" antrete. Dem Bundespräsidenten bleibe dann nur über, die Regierung als Ganzes nicht zu ernennen.

"Wenn diese aber über eine satte Mehrheit im Parlament verfügt, gibt es keine andere Regierung." Denn die Mandatare der abgelehnten Parteien könnten jede andere vom Bundespräsidenten ernannte Regierung mit einem Misstrauensvotum heimschicken, so Mayer. Diese Haltung würde das Verhältnis zum Bundespräsidenten naturgemäß vergiften. Realpolitisch wird man sich wohl auf einen Kompromiss einigen. Klestils Ablehnung habe zwar am Goodwill von Schüssel gehangen, so Mayer. "Schüssel wird sich aber überlegt haben, ob er einen riesigen Streit mit dem Bundespräsidenten entfachen will."

Das ungewisse Erbe von Heinz Fischer

Als Bundespräsident hat Van der Bellen "das verfassungsmäßige Zustandekommen der Bundesgesetze" zu beurkunden (Art 47 Abs 1 Bundesverfassungsgesetz). Er hat zu prüfen, ob die Verfahrensregeln - also etwa die erforderlichen Mehrheiten - im Gesetzgebungsprozess eingehalten wurden. Vorstellbar ist, dass Van der Bellen mit so manchem Gesetz von Schwarz-Blau inhaltlich nicht einverstanden ist. Natürlich darf er aber kein Gesetz verhindern, weil er diesem aus politischen Gründen nicht zustimmt.

Umstritten ist allerdings, ob der Bundespräsident ein Gesetz inhaltlich auf seine Verfassungsmäßigkeit prüfen kann und seine Unterschrift verweigern kann, wenn er es für verfassungswidrig hält. Manche Juristen gestehen ihm ein solch unbegrenztes inhaltliches Prüfungsrecht zu. Andere argumentieren, er habe ein solches Recht nur, wenn es sich um besonders gravierende Verfassungsverletzungen handelt.

Ex-Bundespräsident Heinz Fischer nahm ein solches Prüfungsrecht 2008 in Anspruch. Damals verweigerte er einer Gewerberechtsnovelle seine Unterschrift, die eine rückwirkende Verwaltungsstrafbestimmung enthielt - ein Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Das Parlament beschloss die Novelle daraufhin ohne die rechtswidrige Bestimmung. "Fischer meinte, er könne oder müsse bei offenkundigen und gravierenden Verfassungsverletzungen die Unterschrift verweigern", sagt Mayer. Unsicher sei aber, wann und für wen ein Fehler offenkundig sein müsse und was "gravierend" bedeute. "Wo ist die Grenze? Das kann nur zu politischen Konflikten führen", sagt Mayer. Seiner Meinung nach gibt es kein solches Prüfungsrecht.

Im Streitfall könnte die Bundesversammlung den Bundespräsidenten beim Verfassungsgerichtshof wegen Verletzung der Verfassung anklagen oder eine Volksabstimmung zu seiner Absetzung beschließen. Zwei wenig wünschenswerte - und wohl auch unrealistische - Szenarien.

Der realpolitische Fahrplan

Nach Auszählung aller Wahlkarten wird heute, Donnerstag, endgültig feststehen, welche Parteien mit wie vielen Mandaten in den Nationalrat einziehen werden. Van der Bellen wird dann vermutlich am Freitag ÖVP-Obmann Sebastian Kurz mit der Regierungsbildung beauftragen. Ein solcher offizieller Auftrag ist nicht nötig, um Koalitionsgespräche zu führen. Strache und SPÖ-Chef Kern könnten nebenbei auch über eine rot-blaue Regierung verhandeln.

1999 wurde nach der Nationalratswahl Wahlsieger Viktor Klima mit der Regierungsbildung beauftragt. Nachdem er scheiterte, schlossen sich bekanntlich ÖVP und FPÖ zu einer Koalition zusammen.

Wie auch immer die Verhandlungen ausgehen: Nach deren Abschluss ernennt der Bundespräsident zuerst den neuen Kanzler. Auf dessen Vorschlag hin werden dann die weiteren Mitglieder der Bundesregierung (Minister und Staatssekretäre) durch den Bundespräsidenten ernannt - vorausgesetzt, es kommt zu keinen Meinungsverschiedenheiten.