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Zum Sacherwürstel ein Selbsttest

Von Simon Rosner

Politik

Bei den Öffnungen werden nun auch Corona-Eigentests zugelassen. Wien ist skeptisch und überlegt Alleingang.


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Wer geimpft ist, hat es doppelt gut. Zum einen ist da der Schutz vor Covid-19, zum anderen ersparen sich Immunisierte (21 Tage nach der ersten Teilimpfung) das ständige Testen. Das wird vor allem ab 19. Mai relevant, wenn nach mehr als einem halben Jahr wieder Lokale öffnen, Kulturveranstaltungen stattfinden, Sportausübung und Tourismus wieder möglich werden.

Wer in den vergangenen Monaten einmal beim Friseur war, wird das Procedere kennen: Erst der Test, dann der Kontakt, dazwischen dürfen maximal 48 Stunden vergehen. Friseure werden jedoch eher selten täglich aufgesucht. Es wäre jedoch nicht ungewöhnlich, nach dem 19. Mai jeden Tag diverse Örtlichkeiten zu betreten, für die ein negatives Testergebnis Voraussetzung ist. Zumindest für jene, die nicht geimpft und nicht genesen sind. Café, Fitnesscenter, Kino, Bar, Ausstellungseröffnung, Lesung, Wirtshaus- für all diese Vergnügungen ist der Test eine Zutrittsvoraussetzung.

In der am Montagabend kundgemachten Öffnungsverordnung des Gesundheitsministeriums ist auch die Gültigkeit eines Selbsttests festgeschrieben. Das ist neu und soll insgesamt die Niederschwelligkeit erhöhen. Dabei wird das Teststäbchen nur vorne an der Naseninnenseite einige Male gedreht, und es ist schmerzlos.

Das wirft allerdings die simple Frage auf, wie genau das funktionieren soll. Natürlich, nichts ist niederschwelliger als der Hinweis, sich daheim negativ getestet zu haben, am besten in Verbindung mit erhobener Schwurhand. Sicher ist was anderes.

Negativen Test fotografieren

Konkret ist in der Verordnung von einem "Sars-CoV-2-Antigentest zur Eigenanwendung", zu lesen, der "in einem behördlichen Datenverarbeitungssystem erfasst wird und dessen Abnahme nicht mehr als 24 Stunden zurückliegen darf". Auf Nachfrage im Ministerium wird auf das Beispiel Vorarlberg verwiesen. Dort wird seit den Öffnungsschritten im März ein Registriersystem für Selbsttests angeboten. Wer sich am Gemeindeamt oder in Apotheken kostenlose Selbsttests abholt, bekommt auch QR-Code-Pickerl in die Hand gedrückt. Diese sind auf die Teststreifen zu kleben, online muss dann der Test registriert und Fotos vom negativen Teststreifen müssen hochgeladen werden. Danach folgt die Bestätigung per E-Mail oder SMS aufs Handy. Etwa ein Fünftel der Antigentest werden in Vorarlberg auf diese Weise durchgeführt, obwohl der Zutritt zur Gastronomie davon bisher ausgenommen ist.

Nach Auskunft des Gesundheitsministeriums sind die Bundesländer derzeit bestrebt, solche Registrierungssysteme aufzubauen. Salzburg beauftragte das Rote Kreuz damit, die "Selbsttest RK Salzburg App" zu programmieren. 60.000 QR-Codes werden jeder Apotheke zugeteilt, pro Person werden jeden Monat zehn Tests ausgegeben. Für den täglichen Einsatz ist dies zu wenig, denn die Selbsttests sind nur 24 Stunden gültig. Auch in Oberösterreich wird ein derartiges System vorbereitet.

Eine Umfrage, die Trinicum Diagnostics, Vertreiber der auch in Schulen verwendeten Schnelltests der Firma Lepu, in Auftrag gegeben hat, zeigt eine grundsätzlich hohe Bereitschaft in der Bevölkerung, Selbsttests zu verwenden. Bei den über 60-Jährigen nimmt die Bereitschaft dann aber stark ab. Sie präferieren laut der Umfrage von Unique Research mit 500 Befragten Teststraßen oder Apotheken.

Die Ergebnisse von Antigen-Schnelltests, die von Fachpersonal abgenommen werden, können zwei Tage lang genutzt werden. Sie sind in realiter etwas verlässlicher, weil Fehler in der Anwendung minimiert werden. Dafür ist die längere Gültigkeitsdauer eine größere Einschränkung in Sachen Risikoreduktion. Den genauesten Nachweis liefert die PCR-Analyse, wie sie in Wien durch die Gurgeltests ("Alles gurgelt") angeboten wird. Auch das ist ein Selbsttest, wobei hier vor einer laufenden Kamera am Handy gegurgelt werden muss, um auch ein Zertifikat zu erhalten. Dieser Test wird länger gültig sein.

Wien will strengere Regeln

Generell können PCR-Tests 72 Stunden verwendet werden, da sie eben deutlich genauer als ein Schnelltest sind. Das ist auch der Grund, weshalb die Stadt Wien diese Testoption forcieren will. Bisher wurde in Wien 1,5 Millionen Mal gegurgelt, allein in der Vorwoche wurden 250.000 Proben analysiert - ein neuer Rekordwert. Bisher waren knapp 8.900 Tests positiv.

Wien denkt nun darüber nach, strengere Regeln als der Bund zu erlassen und den Selbsttest vielleicht gar nicht zuzulassen. Man verweist auch auf das gut ausgebaute System von Schnelltest-Möglichkeiten in vielen Apotheken, Checkboxen und Teststraßen. Ob das rechtlich überhaupt möglich ist, wird derzeit geprüft. Das betrifft auch die Berufsgruppentests. Nicht nur Lokalgäste müssen sich testen lassen, sondern auch das Servierpersonal - allerdings nur einmal pro Woche. Für das Personal besteht FFP2-Maskenpflicht als zusätzliche Präventionsmaßnahme.

Die Niederschwelligkeit, die der Bund rechtlich verankern hat, offenbart sich auch in der Möglichkeit, direkt im Lokal einen Schnelltest vorzunehmen. Das ist für spontane Situationen oder in ländlichen Regionen gedacht, in denen Teststationen oft nur ein bis zweimal die Woche betrieben werden (zumindest derzeit).

Die Wirte sollen diese Tests zur Eigenanwendung kostenlos beziehen. Wie genau, wird gerade im Tourismusministerium ausgearbeitet. Damit sollen auch Kurzentschlossene zu Bier und Würstel gelangen können. An der Bar ist dann eben zum Seidel ein Selbsttest zu bestellen.