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Zurück in der "Normalität"

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Auch die viel zitierten Finanzmärkte bestehen aus Menschen, und die gehen rund um den Jahreswechsel gerne auf Urlaub. Nun sind endgültig alle wieder zurück, und wie es scheint, kehrt die "Krisen-Normalität" damit ebenfalls zurück. Der Internationale Währungsfonds benötigt mehrere hundert Milliarden Dollar, um die Folgen der Krise einzudämmen. Griechenland kämpft nur noch darum, ob die Staatspleite geordnet oder ungeordnet über die Bühne geht. Das Wirtschaftswachstum bremst sich weltweit stark ein, im Vorzeigeland Deutschland wird ein Plus von 0,7 Prozent als Erfolg gefeiert. Österreich trauert um sein "Triple A".

Nun stimmt es wohl, dass Wirtschaft auch aus Stimmung besteht, und das ständige Wiederholen der Risiken dieser Situation verstärkt diese eher. Verschweigen macht sie aber nicht kleiner.

Faktum ist, dass Österreich eine Schulden-Vollbremsung hinlegen könnte, und trotzdem Kreditwürdigkeit verliert. Denn Österreich ist eine relativ kleine und daher zu Recht offene Volkswirtschaft - das brachte und bringt Arbeitsplätze. Diese Vernetzung bedeutet freilich stärkere Abhängigkeit von internationalen Entwicklungen. Wenn Premier Viktor Orban Ungarn zurück ins 19. Jahrhundert führt, ist das nicht nur für Ungarn desaströs, sondern auch für Österreich.

Und wenn die EU versagt, hochspekulative Finanzprodukte zu verbieten, dann bekommt auch die Pleite Griechenlands epidemische Ausmaße, die über drei Umwege auch Österreich schwer treffen würden.

Im Jänner 2012 stellt sich heraus, dass sich seit Dezember 2011 daran nichts geändert hat. Wen soll das wundern? Es ist nur mittlerweile klar, dass die grundsätzliche Entscheidung Europas vom Vorjahr, voll auf Schuldenreduzierung zu setzen, aber die Finanzmärkte weiter spekulieren zu lassen, falsch war. Banken wurden gerettet, Jobs aber nicht. Die Wettbewerbsfähigkeit Europas in der Welt hat im Vergleich zu 2008 dramatisch abgenommen. Deutschland ist zäher als südliche EU-Länder, aber unverwundbar ist auch dieses Land nicht - dazu ist die globale Vernetzung zu stark geworden.

Europa kann sich entscheiden: Es geht entweder den Weg Ungarns, oder es entscheidet sich, eine echte Union zu werden. Wenn der Weg von Orban Schule macht, wird der Internationale Währungsfonds auch mit zusätzlichen 500 Milliarden Dollar nicht das Auslangen finden.