Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Gefinkeltes Timing: Rechtzeitig zum Frauentag ist sie da, die Herbstmode 2012. Am Mittwoch sind in Paris die Prêt-à-porter-Schauen zu Ende gegangen. Das sind jene Shows, bei denen die "leistbareren" Stücke der Designhäuser vorgestellt werden - die es natürlich auch höchstens in die Kleiderschränke von Topverdienerinnen schaffen. Wovon es, so viel sollte die Lektüre dieser Zeitung bisher gezeigt haben, nicht gerade üppig viele gibt.
Aber es muss ja nicht immer nur um Besitz gehen. Gerne wird argumentiert, dass diese Modeschauen nur Trends setzen sollen. Da wird es schon interessanter: Bei Louis Vuitton etwa inszenierte Marc Jacobs eine Zeitreise. Freilich eine Reise zurück in der Zeit: Mit der Dampflok ging es nicht nur in Richtung Jahrhundertwende, sondern auch in Richtung knöchellanger Rock. Ein bisschen Suffragetten-Flair für die verwöhnte Frau von heute, ein bisschen Kampfgeist für eine saturierte Generation? Könnte ein Statement sein, ist es aber wohl nicht. Denn natürlich bildet auch die Modebranche die Gesellschaft ab: Es sind hauptsächlich Männer, die Frauen anziehen. Oder sie beurteilen: Karl Lagerfeld etwa tat sich kürzlich als Stilkritiker von Angela Merkel hervor: "Sie sollte die Jacken offen tragen über einer Bluse, mit besser geschnittenen Hosen." Die Frisur fand sein Gefallen, sie betone Merkels "geistreiche Spitznase".
Kann der knöchellange Rock also den sublimierten männlichen Wunsch ausdrücken, die emanzipierte Frau wieder 100 Jahre in der Entwicklung zurückzuschießen? Kann sein, muss aber nicht. Fix ist: Wer so etwas anzieht, sollte mindestens 1 Meter 80 groß sein.