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Um das Ergebnis der Tiroler Landtagswahlen richtig einordnen zu können, hilft es, eine wichtige Tatsache zur berücksichtigen: Fast zwanzig Prozent der Wählerstimmen konnten am Sonntag neu verteilt werden, einfach weil sich ihre Eigentümer mehr oder weniger von der politischen Bühne verabschiedet hatten.
Die Ära der Unruhestifter, Glücksritter und selbst ernannten Parteirebellen, die sämtliche Landtagswahlen seit 1999 bestimmt haben, ist vorerst vorbei. Von Fritz Dinkhauser ist nur ein laues Lüfterl geblieben, von Frank Stronach nicht einmal das, und nicht einmal die Innsbrucker Bürgerlichen hatten dieses Mal Lust auf einen Aufstand.
Damit erinnert das Wahlergebnis von 2018 erheblich an die Kräfteverteilung Ende der 1990er Jahre. Auch damals dominierte die ÖVP und lagen SPÖ und FPÖ Kopf an Kopf, wenngleich weit abgeschlagen. Allerdings verfehlte die ÖVP am Sonntag das 18. Mandat, das verhindert, dass sich alle anderen Kräfte gegen sie verbünden könnten. In einem Landtag, in dem fünf Zwerge vertreten sind, bleiben die Schwarzen aber der einzige Riese.
Realpolitisch ist das heute aber sowieso ausgeschlossen. Günther Platter, der bisherige und künftige Landeshauptmann, kann sich seinen Wunschpartner aussuchen. Willig sind neben den Grünen, mit denen die ÖVP derzeit das Land regiert, auch SPÖ und FPÖ. Dass seine Wahl nach dem Vorbild des Bundes auf die FPÖ fällt, ist wenig wahrscheinlich. Und obwohl die Ökopartei als einzige Partei von bundespolitischer Relevanz ein Minus hinnehmen muss, sind ihre Chancen intakt, auch die kommenden fünf Jahre an der Seite Platters zu regieren. Es gibt Schlimmeres für die ÖVP als einen geschwächten, aber braven Koalitionspartner.
Vor allem, wenn man sich selbst mit großer Berechtigung als unumstrittenen Sieger dieser Wahl fühlen darf. Wenn eine Partei, gemessen an Mandaten, fast drei Mal so stark ist wie die nächst größere Kraft, und sich dieser Abstand, in Prozent gemessen, noch vergrößert hat, dann gibt es keine Diskussion über den Gewinner.
Den Schwarzen, die gegenüber der türkisen Bundespartei auf ihrer angestammten Parteifarbe beharren, konnten gegenüber den schwachen Ergebnissen von 2013 und 2008 nun kräftig zulegen. Einen Teil des Erfolgs kann aber wohl auch Sebastian Kurz, der Bundeskanzler und Obmann der Bundes ÖVP, für sich reklamieren. Es ist lange her, dass ein bürgerlicher Rückenwind aus Wien bis in den hochalpinen Westen wehte.
Davon kann bei der SPÖ keine Rede sein. Was es an Zugewinn gibt, hat sich die Partei mühsam vor Ort erarbeitet. Dass die Roten Platz zwei vor der Blauen halten, ist für die angeschlagene Sozialdemokratie immerhin ein wichtiger symbolischer Sieg. Christian Kern hilft er nicht wirklich weiter.
Die FPÖ gewinnt von allen Parteien am stärksten hinzu. Das steht für sich und gegen alle Turbulenzen, die in den Medien ausgebreitet werden. Und trotzdem: Die FPÖ weiß, dass ihr Potenzial größer ist. Einmal mehr hat sie es nicht ausgeschöpft. Dafür sorgt auch die Bundespartei, der es nicht gelingt, sich als stabile Regierungspartei zu positionieren.
Die Serie der Nackenschläge für die Ökopartei ist noch nicht vorbei. Die Grünen bleiben zwar knapp zweistellig, verlieren jedoch, wenn die Hochrechnungen halten, ein Mandat im Bundesrat. Damit kommt ihnen auch der finanziell enorm wichtige Klubstatus auf Bundesebene abhanden. Der Job von Werner Kogler, dem Bundessprecher der Grünen ohne Mandat und Mittel, ist am Sonntag nicht einfacher geworden.