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Zurückhaltung bei Löhnen: "Geht mir am Hammer"

Politik

ÖGB-Präsident Katzian gibt sich kämpferisch bei Gehaltsrunde und kürzerer Arbeitszeit.


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Der Gewerkschaftsbund (ÖGB) ist nicht gewillt, den Appellen von Wirtschaft und Ökonomen für eine moderate Lohnpolitik zu folgen. "Das geht mir schon am Hammer. Das wird’s nicht spielen", donnerte ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian am zweiten Tag des 20. ÖGB-Bundeskongresses in den Saal. Am Donnerstag stellt sich Katzian der Wiederwahl.

Der ÖGB-Chef bekräftigte und verstärkte damit, dass es angesichts der Rekordteuerung bei der Lohnrunde im Herbst die Forderungen nach der sogenannten Benya-Formel - Abgeltung der Inflation und Anteil am wirtschaftlichen Erfolge - gestellt werden. "Ich kann nicht bei einem Fussballmatch in der Halbzeit die Regeln ändern", erklärte Katzian, der in der Vergangenheit auch Präsident seines Lieblingsfussball Austria war.

Die Gewerkschafter werden außerdem verstärkt auf die Umsetzung von 2.000 Euro brutto Mindestlohn statt bisher 1.700 Euro drängen: "Wir werden Gas geben."

Für kürzere Arbeitszeit

Unnachgiebig zeigte sich der ÖGB-Präsident bei den Bestrebungen nach einer Verkürzung der Arbeitszeit, auch wenn sich im 154 Seiten dicken Arbeitsprogramm bis 2028 die explizite Forderung nach einer 32-Stunden-Woche nicht findet. Die Diskussion über das Programm folgte am Mittwoch der Rede des ÖGB-Chefs. Noch keine Arbeitszeitverkürzung habe bisher dazu geführt, "dass jemand die Bude zusperren hat müssen", hielt der SPÖ-Spitzengewerkschafter Warnungen der Wirtschaft vor der Unfinzierbarkeit einer Arbeitszeitverkürzung entgegen. Er unterstrich das mit einer Verlesung eines Zitat, mit dem schon 1968 der seinerzeitige Wirtschaftskammerpräsident vor der dann 1975 umgesetzten 40-Stunden-Woche mit Untergangsszenarien gewarnt hatte. "Es war nicht das Ende der Welt", stellte Katzian fest.

In einer Zeit, in der "die Produktivität explodiert" sei, werde man eine kürzere Arbeitszeit seriös diskutieren "und wir werden es durchsetzen", versprach er den Hunderten Delegierten beim Kongress. "Wenn wir von Arbeitszeitverkürzung reden, ist das meistens der Gott-sei-bei-uns und einige fangen an zu hyperventilieren", meinte der ÖGB-Chef ironisch.

Wunsch nach "Mobilitätsgarantie"

Im Programm sticht die größere Bedeutung von Klimaschutz hervor, der auch am Mittwoch gleich debattiert wurde. Der ÖGB fordere eine "Mobilitätsgarantie", führte Vida-Gewerkschafterin Olivia Janisch aus. Demnach müssten alle Alltagswege mit öffentlichen Verkehrsmitteln machbar sein, sodass man nicht mehr auf das Auto angewiesen sei. Das ist nur mit einem starken Öffi-Ausbau machbar.

Das Aussetzen der Aliquotierung der Pensionserhöhung - wer etwa im November in Pension geht, steigt schlechter als bei einem Ruhestand ab Februar - für zwei Jahre wegen der hohen Inflation sieht Katzian nur als Zwischenerfolg an. Ziel bleibt die dauerhafte Abschaffung.

Andreas Huss, oberster Arbeitnehmervertreter in der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), forderte beim ÖGB-Kongress eine Absicherung des solidarischen Gesundheitssystems und neue Regeln für die Wahlärzte, deren Zahl im Gegensatz zu Kassenärzten stark zugenommen hat: "Wir müssen dieses Wahlarztsystem entsprechend eindämmen." In einer Aussendung hatte er bereits gefordert, dass Nebenbeschäftigungen von Spitalsärzten nur in Kassenpraxen, nicht aber als Wahlärzte, genehmigt werden sollen.
Der SPÖ-Gewerkschafter ortete auch einen Widerspruch zwischen Bundeskanzler Karl Nehammers (ÖVP) Plänen für 100 Kassenärzte mehr und dem Verhalten der Wirtschaftsvertreter in der ÖGK. Die SPÖ-Arbeitnehmer wollten schon in der Vorwoche den Auftrag für ein Konzept für mehr Kassenstellen absegnen lassen. Das scheiterte laut Huss aber am ÖVP-Wirtschaftsbund, dessen Vertretung sich weigerte, den Antrag zuzulassen. Die Wirtschaftsvertreter haben seit der Sozialversicherungsreform von ÖVP und FPÖ eine Parität in der ÖGK, der Gesundheitskasse für die Arbeitnehmer.
Dagegen wächst jetzt angesichts wachsender Defizite der Widerstand in der Gewerkschaft. Beim ÖGB-Bundeskongress ist daher auch die "Rückholung" in die Selbstverwaltung durch die Arbeitnehmer Thema. (ett)