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Vor allem in den Ballungsgebieten ist Wohnraum knapp geworden, die Mieten bei Neuvermietungen steigen weiter an. Ausgleichend wirkt das Angebot vieler verschiedener Anbieter und zusätzlich, wenn es Anbieter gibt, die ihren Gewinn gerade nicht zu maximieren brauchen, wie es in der Wohnungswirtschaft das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) zum Beispiel mit dem Kostendeckungsprinzip geregelt ist.
Die fast 190 gemeinnützigen Bauvereinigungen, darunter 98 Genossenschaften, tragen zusammen mit den kommunalen Wohnraumangeboten dazu bei, dass die Mieten nicht "explodieren". Allerdings wird aufgrund fehlender preisgünstiger Baulandreserven die zu ihrer Aufgabe gehörende Neubautätigkeit erschwert, was dann zu höheren Mieten in diesen Objekten führt.
Das Arbeitsprogramm der Bundesregierung 2017/18 fasste als "Wohnpaket" drei Maßnahmen zusammen, die zu einer Verbesserung beitragen sollen: Die vorgesehene Baulandmobilisierung sah vor, vor allem Vorbehaltsflächen für förderbaren Wohnbau zu schaffen, indem bei Umwidmungen von Grundstücken der öffentlichen Hand in Bauland ein Viertel als befristete Vorbehaltsflächen für förderbaren Wohnraum ausgewiesen beziehungsweise diesem vorbehalten wird.
Ein Widerspruch zum Prinzip der Gemeinnützigkeit
Den Bereich der Finanzierung betreffen zwei Maßnahmen, die unterschiedlich zu bewerten sind: Eher der Zufuhr von Fremdkapital dient der Vorschlag einer prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge ein, über die Pensionsinvestmentfonds, Mitarbeitervorsorgekassen und Versicherungen flexiblere Investitionsmöglichkeiten erhalten sollen. Dies greift nicht in die Unabhängigkeit der Gemeinnützigen ein. Zusätzliches Eigenkapital soll von institutionellen Anlegern kommen. Dafür sollen Investitionen in Anteile gemeinnütziger Wohnbauträger erlaubt werden, für deren Erwerb als Anreiz steigende Anteilswerte winken.
Gerade diese Gestaltungsvariante tritt in Widerspruch zum Konstruktionsprinzip der Gemeinnützigen. Anteile sind zur Sicherung der Vermögensbindung nur zum eingezahlten Nominalwert veräußerbar. Der künftige Wert nach Paragraf 10a Absatz 2 (a) WGG würde deutlich darüber liegen und auch die Rücklagen umfassen dürfen.
Damit würden auch in der Wohnungswirtschaft die über die Generationen gewachsenen Reserven gehoben und Investoren angesprochen, deren Erwartung sich auf weiter steigende Werte und höhere Ausschüttungen (Dividenden) richtet. Die bisherigen Eigentümer könnten versucht sein, ihre Beteiligungen zu verringern, um einen Gewinn zu lukrieren, und sogar teilweise Gebäude und Wohnungen verkaufen, was die Mieten weiter hochtreiben würde. Insgesamt gelangt ein spekulatives Element in die Wohnungsgemeinnützigkeit.
Diese marktorientierte Maßnahme würde - nicht nur im Selbstverständnis der Gemeinnützigen - das einen sozialen Ausgleich in der Wohnungswirtschaft fördernde System der Wohnungsgemeinnützigkeit aufs Spiel setzen. Denn gemäß Paragraf 1 Absatz 3 WGG ist "das von gemeinnützigen Bauvereinigungen nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Wirtschaftsführung erwirtschaftete Eigenkapital (...) im Sinne eines Generationenausgleichs zur Sicherung einer nachhaltigen Wohnversorgung bestehender und zukünftiger Nutzer auf Dauer für Zwecke des gemeinnützigen Wohnungswesens gebunden und zu verwenden".
Zum Autor
Holger Blisse
ist Lehrbeauftragter und unter anderem auf kreditwirtschaftliche, genossenschaftliche und sozialpolitische Themen spezialisiert.