Zum Hauptinhalt springen

Zustimmung für neue Kommission

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv
Kritik an ihrer persönlichen Integrität und Eignung blieb nach der Befragung der künftigen Kommissarin Georgiewa durch die EU-Abgeordneten aus. Foto: reu/Roge

Bulgarin Georgiewa bei Anhörung souverän. | EU-Parlament nach Kür der Komissare gestärkt. | Brüssel. Es war keine leichte Geburt. Doch seit gestern, Mittwoch, ist die Zusammensetzung der künftigen EU-Kommission unter Präsident Jose Manuel Barroso fix. Die letzte Anhörung vor dem EU-Parlament absolvierte die bulgarische Ersatzkandidatin Kristalina Georgiewa souverän und professionell. Unter Verweis auf ihre ausführlichen Erfahrungen in der Weltbank skizzierte sie ihre Vorstellungen davon, wie sie ihren Zuständigkeitsbereich - die humanitäre Hilfe der EU - in den nächsten fünf Jahren organisieren will.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

An ihrer persönlichen Integrität und Eignung gab es ebenso wenig Kritik wie an der direkten und klaren Beantwortung der Fragen. Quer durch alle Fraktionen wurde der Bulgarin und damit auch der gesamten Kommission Zustimmung signalisiert. Am kommenden Dienstag, dem 9. Februar, soll Barrosos neues Team vom Plenum des EU-Parlaments in Straßburg bestätigt werden. Auf dem Weg dahin hatte der Portugiese allerdings eine Reihe von Rückschlägen einstecken müssen.

Obwohl er mit intensiver Vorbereitung alles daran gesetzt hatte, seine designierten Kommissare durch die Anhörungen im Parlament zu schleusen, sind die Schwächen einiger Anwärter rasch aufgefallen. Die Abgeordneten ließen keinen Zweifel daran, ihre Macht, die durch den Lissabonner Vertrag noch gestärkt wurde, auch ausüben zu wollen.

So hatte die ursprüngliche bulgarische Kandidatin Rumiana Jelewa alle Mühe, bei ihrer Befragung nicht sofort durchzufallen. Attacken wegen angeblich nicht vollständig offen gelegter Finanzen und Interessen hatte die sichtlich nervöse Jelewa nichts entgegenzusetzen. Auf inhaltliche Fragen reagierte sie mit Allgemeinplätzen aus einer Sammlung von EU-Stehsätzen, die sie angeblich von Barrosos Beratern bekommen hatte. Eine Woche später musste sie unter steigendem politischen Druck zurücktreten.

Als weiterer schwacher Kandidat fiel der künftige Kommissar für Steuern und Betrugsbekämpfung auf, der Litauer Algirdas Semeta. Er schlitterte knapp an einem "Nicht Genügend" vorbei, indem er die Antworten auf offen gebliebene Fragen schriftlich nachreichte. Sein erklärender Brief an die Koordinatoren der Parlamentsfraktionen soll ganz eng mit Barrosos Kabinett abgestimmt gewesen sein.

Selbst die erfahrenen Kommissare Olli Rehn aus Finnland und Neelie Kroes aus den Niederlanden hatten die zuständigen Abgeordneten nicht im ersten Anlauf überzeugen können. Der bisherige Erweiterungskommissar konnte die Bedenken gegen seine Eignung für das Ressort Wirtschaft und Währung wie Semeta mit einem Schreiben ausräumen. Die als Wettbewerbskommissarin gefürchtete "Eiserne Neelie" hatte sich auch auf eindringliche Nachfragen geweigert, Details über ihre Vorstellungen zum neuen Aufgabenbereich "Digitale Agenda" preiszugeben. Sie musste vor den Koordinatoren nachsitzen. Einen Reifebeweis lieferte das EU-Parlament, indem als Rache für den Ausschluss der EVP-Vizepräsidentin Jelewa am Ende nicht auch ein sozialdemokratischer oder liberaler Kandidat abgeschossen wurde, wie in EVP-Kreisen angedroht worden war.

Keine gute Figur

Barroso hatte beim Anhörungsprozess keine gute Figur gemacht, als er sich bis zuletzt hinter die Bulgarin Jelewa gestellt hatte. Um die Wahl seines Teams sicherzustellen, kam er dem EU-Parlament beim Abkommen für die praktische Zusammenarbeit der Brüsseler Institutionen weit entgegen. Er selbst hatte im September ein umfangreiches Programm vorlegen und vor den Abgeordneten verteidigen müssen, um überhaupt als Kommissionspräsident bestätigt zu werden. Doch nach der Abstimmung am 9. Februar hat er die Chance, sich als mächtige EU-Figur mit europäischen Anliegen gegen die Mitgliedstaaten durchzusetzen - wenn er das will.