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Zuwanderung, bitte

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Die Rot-Weiß-Rot-Card, ein System zur Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte, soll reformiert werden. Innenministerin Mikl-Leitner (ÖVP) will das, Sozialminister Hundstorfer will es eigentlich nicht. Ob die Änderung also kommt, bleibt ungewiss. Faktum ist, dass die geplante Zahl von 8000 nicht erreicht wurde.

Abgesehen davon bliebe Österreich ja noch die sogenannte Binnenwanderung, also der freie Personenverkehr innerhalb der Europäischen Union, der keinerlei Hürden und Restriktionen unterworfen sein sollte.

Sollte, denn natürlich haben viele Länder informelle Schutzmechanismen aufgebaut. Österreich etwa ist besonders restriktiv in der Anerkennung von Berufsqualifikationen, aber auch andere Länder sind einfallsreich. Eine der perfidesten Restriktionen nennt sich "Europäische Krankenversicherung". Wer in Polen arbeitet, aber in Belgien ins Spital muss, kriegt nur einen Bruchteil ersetzt - mit windigen Begründungen.

Es geht bei all diesem Unsinn ausschließlich darum, nationale Arbeitsmärkte abzuschotten, in der irrigen Annahme, dadurch die jeweils nationale Arbeitslosigkeit zu verringern.

Denn nicht nur bei rechtspopulistischen Oppositionsparteien, selbst in Minister-Gehirnen sitzt das Gespenst des "Sozialtourismus". Das ist zwar von der Wissenschaft ausreichend widerlegt, aber Vorurteile wiegen oft schwerer als Fakten.

Europa schießt sich damit selbst ins Knie. 41 Prozent der (zahlenmäßig überschaubaren) "Binnen-Wanderer" innerhalb der EU-Länder haben eine akademische Ausbildung. Österreich bildet außerdem in (öffentlich finanzierten) Universitäten junge Menschen aus Drittstaaten aus, nur um sie danach aus dem Land zu schmeißen. Größerer Unsinn ist kaum vorstellbar.

Im März haben Uni-Rektoren und Wirtschaftsbosse den "brain drain" in Österreich beklagt, passiert ist seither nix. ÖVP-Hoffnung Sebastian Kurz hat die Reform der "Rot-Weiß-Rot-Card" vor einem Jahr angekündigt, passiert ist seither nix.

Europa wird aber ohne Sozial-Union, also einen tatsächlich barrierefreien Arbeitsmarkt in der EU, sein mögliches Wirtschaftswachstum nicht ausschöpfen können. Länder wie Österreich werden Wohlstandsverluste erleiden, weil es zu Fachkräftemangel kommt. Aber solange das offizielle Unwort Sozialtourismus herumgeistert, werden die 28 Minister in Brüssel allem Möglichen zustimmen, aber - erraten - nix passieren.