Für rasche Verhandlungen über eine EU-Erweiterung und Übergangsfristen bei der Freizügigkeit von Arbeitnehmern aus den neuen Mitgliedstaaten hat sich Deutschlands Bundeskanzler Gerhard Schröder in einer Regierungserklärung vergangene Woche ausgesprochen. Unklarheit herrscht in der EU aber darüber, wann der erste Kandidat der EU beitreten wird.
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Deutschland will sich für die Erweiterung der EU ab 2003 einsetzen. Die Voraussetzungen dafür sollten beim EU-Gipfel in Nizza geschaffen werden, indem die EU-Institutionen reformiert und für eine größere Mitgliederanzahl fit gemacht werden sollten. Doch Kritiker behaupten, die Reform sei von nationalen Interessen gelenkt worden. So auch die Opposition im deutschen Bundestag. Der Vertrag von Nizza sei nicht ratifizierungsfähig und müsse nachgebessert werden, meinte etwa der FDP-Abgeordnete Helmut Haussmann.
Doch wie in vielen anderen Fällen gehen auch hier die Sicht der Opposition und die Meinung der Regierungsebene auseinander. Für Europas Regierungschefs war Nizza - wenngleich ein Kompromiss - so doch ein Erfolg. Nun liege es an den Kandidatenländern, die Bedingungen für den EU-Beitritt zu schaffen, meinte etwa Kanzler Schröder. Aber die Erweiterung werde "Verwerfungen" mit sich bringen, die nicht verharmlost werden dürften. Für Arbeitnehmer aus Neo-Mitgliedsländern müsste es Übergangsfristen von maximal sieben Jahren geben, erneuerte Schröder seinen Vorstoß. Dem schloss sich auch Burgenlands neuer SPÖ-Landeshauptmann, Hans Niessl, an, nachdem er mit EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen in Brüssel zusammen getroffen war. Das Burgenland grenzt als einzige Region der EU an drei Kandidatenländer (Slowakei, Ungarn, Slowenien). Das östlichste Bundesland erhofft sich daher, zusätzlich zu den 21 Mrd. Schilling bis 2006, weitere EU-Mittel zur Grenzlandförderung.
Beitrittsdatum offen
Zuwanderer könne Deutschland derzeit nur begrenzt Zuwanderer aufnehmen, betonte Schröder. Aber schon im nächsten Jahrzehnt benötige die Bundesrepublik Einwanderer, um den Lebensstandard zu halten und die Sozialsysteme zu finanzieren. Ob sich durch ein späteres Beitrittsdatum Übergangsfristen erübrigen?
Wann das erste Land zu den EU-15 stoßen wird, darüber sind Europas Politiker unterschiedlich optimistisch. Ein frühester Beitrittstermin steht nirgendwo festgeschrieben, genannt wird aber immer wieder das Jahr 2004. Bis dahin sollen neue EU-Mitglieder an den turnusmäßig stattfindenden Wahlen zum Europäischen Parlament teilnehmen "können", lautet die Einigung von Nizza. Bereits bis Ende 2002 sollen die Beitrittsverhandlungen mit den Staaten abgeschlossen sein, "die entsprechend vorbereitet sind", betonte zuletzt Verheugen. Erste Länder könnten dann schon 2003 aufgenommen werden. Das wünscht sich zumindest Polen, wie Ministerpräsident Jerzy Buzek nach einem Treffen mit Kommissionspräsident Romano Prodi in Brüssel betonte. Dieses ehrgeizige Ziel sei nicht unmöglich, meinten Prodi und Verheugen. Die Verhandlungen mit Polen "gewinnen mehr und mehr an Geschwindigkeit", es gebe "keine größeren Hindernisse mehr", so Prodi.
Übergangsfristen notwendig
"Es ist möglich, dass wir neue Mitgliedstaaten nach Ende 2002 willkommen heißen können", meinte auch Schwedens Premierminister, Göran Persson. Nicht vor 2005 rechnet hingegen Kanzler Schüssels Beauftragter für die EU-Erweiterung, Erhard Busek, mit dem ersten Beitritt. Dieser werde jedenfalls in Etappen erfolgen, da Übergangsregelungen in der Landwirtschaft, im Personenverkehr und in der Umwelt einzuführen seien.