Österreichs Banken haben Strukturprobleme. Sie zu beseitigen, könnte künftig 25.000 Jobs kosten.
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Wien. Massiver Wettbewerb, magere Erträge, hohe Regulierungskosten und dazu noch der Druck, den Aufbau von Eigenkapital voranzutreiben: Österreichs Banken sind gezwungen, sich neu aufzustellen, um zukünftig bestehen zu können. Dieser Strukturwandel ist bereits im Gang und längst noch nicht abgeschlossen.
Auch im Raiffeisen-Bankensektor steht ein größerer Umbau bevor - nicht zuletzt, weil das Flaggschiff, die Raiffeisen Bank International (RBI), wegen Problemen in Osteuropa Schlagseite hat und als bisherige Cash-Cow noch für längere Zeit ausfallen dürfte. Erwin Hameseder, Aufsichtsratschef des Spitzeninstituts RZB, hat nun 20 bis 25 Prozent als Zielgröße für Kosteneinsparungen vorgegeben. Wo und wie die Raiffeisenbanken ihre Kosten drosseln, ist zwar noch in Diskussion. Aber in Summe soll in der Gruppe jedenfalls ein Einsparungspotenzial von bis zu einer halben Milliarde Euro ausgeschöpft werden, heißt es bei den Giebelkreuzern.
Ankündigungen wie diese sind in der heimischen Bankenwelt vor allem seit der globalen Finanzkrise, die etliche Strukturschwächen aufgezeigt hat, immer wieder an der Tagesordnung. Als Hauptproblem gilt, dass der relativ kleine österreichische Markt mit zu vielen Bankfilialen bestückt ist. Deren Zahl hat sich in den vergangenen Jahren zwar reduziert, trotzdem gibt es mit rund 4200 noch immer zu viele Filialstandorte.
Dass hier - wie von der Nationalbank gefordert - eine weitere Bereinigung stattfinden muss, ist vielen Kreditinstituten bewusst. Denn jede Filiale rentabel zu führen, wird für die Banken, von denen Österreich mit ungefähr 800 ebenfalls zu viele hat, zunehmend schwieriger. Eine Faustregel unter Bankern besagt, dass für den wirtschaftlich Betrieb einer Filiale zumindest 5000 Kunden notwendig sind. In Österreich entfallen auf eine Bankfiliale im Schnitt jedoch nur 2000 Kunden.
Jeder dritte Bankjobin Österreich ist gefährdet
Konsolidierung ist demnach angesagt. Und das bedeutet nicht nur, dass Banken aus Kostengründen fusionieren wie derzeit etwa im Volksbanken-Sektor oder Kriseninstitute wie Hypo Alpe Adria und ÖVAG abgewickelt werden, sondern auch, dass unrentable Filialen zugesperrt werden.
Damit fallen freilich viele Jobs dem Rotstift zum Opfer. Nach Einschätzung des Wifo-Bankexperten Franz Hahn könnte der Strukturwandel bei den Banken in Österreich in den kommenden vier bis fünf Jahren zirka 25.000 Arbeitsplätze kosten. Das wäre ein Drittel des derzeitigen Beschäftigtenstands von rund 75.000. Schon in den vergangenen fünf Jahren sind rund 4000 Stellen in der hiesigen Branche verloren gegangen.
Im "Kurier" wird Hahn damit zitiert, dass die heimischen Großbanken Strukturanpassungen im Inland wegen ihrer Erfolge in Osteuropa lange Zeit verschleppt hätten. Jetzt, wo die Erträge einbrechen, hätten die Institute ein Kostenproblem und seien gezwungen, "ihre optimale Größe zu finden". Die Personalkosten machen bei einer Bank ungefähr die Hälfte der operativen Kosten aus.
Nationalbank-Vize Andreas Ittner sagte am Donnerstag, dass für die Banken kein Weg daran vorbeiführe, die Kostenstrukturen zu verbessern. "Gearbeitet" werden müsse aber auch einnahmenseitig, zumal die Margen in Österreich vergleichsweise niedrig seien. Laut Ittner müssten die heimischen Banken Geschäftsmodelle entwickeln, bei denen die Kunden bereit sind, für entsprechende Finanzdienstleistungen mehr Geld zu bezahlen.
Grund dafür, dass der Strukturwandel bei den Banken wieder in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt ist, sind die jüngst kolportierten Überlegungen der italienischen Großbank Unicredit, das offenbar nicht toll laufende Privatkundengeschäft ihrer Tochter, der Bank Austria, an die Bawag zu verkaufen. Eine Zerschlagung des größten Finanzinstituts des Landes droht. Und in diesem Zusammenhang greifen auch Jobängste um sich. Denn sollte die Bawag die Privatkundensparte ihres Mitbewerbers tatsächlich übernehmen und mit ihrem Geschäft zusammenspannen, hätte das nur Sinn, wenn es zu massiven Einsparungen kommt.
Arbeitnehmervertreterbringen sich in Position
Der mögliche Teilverkauf der Bank Austria hat nun auch die Gewerkschaft auf den Plan gerufen. "So einfach, wie sich das manche Manager in der Konzernzentrale (in Mailand, Anm.) vielleicht vorstellen, wird das nicht möglich sein", betont Wolfgang Katzian, Chef der Gewerkschaft der Privatangestellten. Der Belegschaft und dem Betriebsrat der Bank Austria sagte Katzian am Donnerstag Schützenhilfe zu - auch wenn über die Pläne zur Zukunft des Instituts noch nichts Konkretes bekannt sei.
Mit Blick nach Mailand sprach der Gewerkschafter außerdem die "Bedeutung der Bank Austria für den Finanzplatz Österreich und die gesamte Volkswirtschaft" an. Eine völlige Zerschlagung - wie berichtet könnte die Bank Austria im Konzern auch die Kompetenz für das Osteuropa-Geschäft verlieren - hätte eine "negative Signalwirkung weit über die betroffene Bank hinaus", so Katzian.
Bei den Gesprächen zwischen Unicredit und dem Bawag-Hauptaktionär Cerberus soll es sich indes an den Personalkosten und damit am Preis für die Privatkundensparte spießen. Die Bank Austria hat im Inland rund 9400 Mitarbeiter, ein Drittel ist unkündbar. Der "Presse" zufolge summieren sich die Pensionsansprüche, die Anwartschaftsrechte und weitere Belastungen aus verschiedenen Dienstrechten auf drei bis vier Milliarden Euro. Die Altverträge sollen Cerberus zu teuer sein.