Peilung bald ohne richterlichen Beschluss möglich. | Koalition hält Angst der Richter für unbegründet. | Wien. Heftige Kritik am neuen Sicherheitspolizeigesetz übt nun die Richtervereinigung. Denn die Novelle, die vergangene Woche vom Nationalrat abgesegnet wurde, sieht vor, dass Menschen "bei Gefahr für Leib und Leben" auch ohne vorangegangene richterliche Genehmigung über ihr Mobiltelefon ausgeforscht werden können (siehe Kasten). Die Polizei kann demnach eigenständig beim jeweiligen Mobilfunkbetreiber die Herausgabe der Standortdaten einer Person verlangen.
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Manfred Herrnhofer, Vizepräsident der Richtervereinigung, ortet hier einen "Eingriff in die Grundrechte". Zwar sei auch die Richterschaft an einer effizienten Strafverfolgung interessiert, allerdings müsse man in diesem sensiblen Bereich - immerhin gehe es um die Freiheit des Einzelnen - besonders vorsichtig vorgehen. Und: "Niemals heiligt der Zweck die Mittel."
Im Büro von Innenminister Günther Platter kann man die Aufregung nicht verstehen: Es gehe bei der Handy-Peilung nur um wirkliche Notfälle, also etwa Lawinenopfer zu retten oder akut Suizidgefährdete von ihrem Vorhaben abzuhalten. "Die Rechtsgrundlage ist eindeutig", heißt es dazu aus dem Innenministerium.
Doch Herrnhofer befürchtet, dass diese Maßnahme dahingehend missbraucht werden könnte, auch in weniger akuten Fällen Verdächtige auszuforschen. Zwar habe die Peilung an sich dann keine Beweiskraft vor Gericht, weil nach der Strafprozessordnung ein Richter angerufen werden muss. Wenn ein Täter dadurch aber in flagranti erwischt wird, kann er trotzdem angeklagt werden.
Unzufrieden ist der Richter auch mit den Beschwerdemöglichkeiten Betroffener: Diese könnten im Nachhinein nichts gegen eine Gesetzesverletzung unternehmen.
Ministerium statt Richter
Stimmt nicht, heißt es dazu aus dem Innenministerium. Solange der Betroffene noch nichts von der Peilung weiß, könne sein Beschwerderecht vom Rechtsschutzbeauftragten des Ministeriums wahrgenommen werden. Nach der Amtshandlung habe er dann die Möglichkeit, sich bei der Datenschutzkommission zu beschweren.
Auch im SPÖ-Klub hat man kein Verständnis für die Bedenken der Richter. Der Rechtsschutzbeauftragte würde jede unternommene Peilung im Nachhinein prüfen. Ein Richter müsste die Prüfung hingegen vorab vornehmen: "Und was ist, wenn man eine Stunde auf den Richter wartet und das Opfer stirbt in der Zeit?"
Dieses Argument reicht den Richtern allerdings nicht als Begründung für ihre Ausschaltung. Laut Herrnhofer ist der Journaldienst der Richterschaft nämlich rund um die Uhr erreichbar - "auch am Wochenende".
Wissen: Polizeigesetz neu
In der Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz heißt es in dem umstrittenen Paragraphen 53, Abs 3a, unter anderem: "Ist auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass eine gegenwärtige Gefahr für das Leben oder die Gesundheit eines Menschen besteht, sind die Sicherheitsbehörden zur Abwehr dieser Gefahr ... berechtigt, von den Betreibern im Mobilfunkbereich Auskunft über Standortdaten und die internationale Mobilteilnehmerkennung (Imsi) zu verlangen..."
Kritik kam zuletzt auch vom Grünen Sicherheitssprecher Peter Pilz: Mit Hilfe eben dieser Imsi-Nummern könnten auch Gespräche abgehört werden, sagt Pilz.