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Zwei Erklärungsversuche zur Wiener ÖVP

Von Walter Hämmerle

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Warum ist Wiens ÖVP so, wie sie ist? Und wird Harald Himmer das ändern können und auch wollen?


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In der Wiener ÖVP sind die Würfel erwartungsgemäß auf Harald "Harry" Himmer gefallen. Er wird nach der Absage von Ferry Maier wegen offensichtlicher Chancenlosigkeit der einzige Kandidat für den Posten des Landesparteiobmanns sein. Die Beratungen der Bünde sind wohl nur noch Formalitäten.

Was zu der Frage führt: Warum tut sich die Wiener ÖVP seit Jahrzehnten so schwer, einen bei Wahlen erfolgversprechenden Spitzenkandidaten zu finden? Das bezieht auch den allseits verklärten Erhard Busek mit ein, der die Partei zwar zu lichten Höhen führte, sie allerdings auch 1989 auf einem tieferen Niveau übergab, als er sie 1976 übernommen hatte.

Als Erklärungsversuche für den anhaltenden Leidensweg der Wiener ÖVP kursieren zwei Thesen, die sich in der Realität weniger widersprechen als vielmehr gegenseitig ergänzen und verstärken.

Die eine konstatiert einen fast schon genetisch determinierten Minderwertigkeitskomplex einer strukturellen Minderheitspartei ohne Chance, jemals die Nummer eins zu stellen. Dies führt dazu, dass jeder schwarze Wiener, der das Feuer des Anführers in sich verspürt, an der ÖVP-Bundespartei andockt. Die stellt bei allen Wahlen den Anspruch und hat zumindest die theoretische Chance auf den Kanzlerposten. Die Folge ist ein bürgerlicher Brain drain vom Wiener Rathaus in die ÖVP-Bundesparteizentrale vis-a-vis.

Der zweite Erklärungsversuch hat eine freiwillige Selbstentmannung zum Kern. Weil die Wiener ÖVP um ihre Chancenlosigkeit im Rennen um den Bürgermeistersessel weiß, pflegt sie umso intensiver ein gedeihliches Auskommen mit der übermächtigen SPÖ. Von irgendetwas muss eine Partei ja leben. Das ganze Förderwesen der Stadt Wien ist auf diese ungleiche Partnerschaft ausgelegt, von der mittlerweile auch Grüne und FPÖ entsprechend finanziell profitieren.

Ein ÖVP-Landesobmann, der der Wiener SPÖ nicht nur rhetorisch, sondern tatsächlich den Kampf ansagt, ist allein deshalb schon unmöglich, weil er von den eigenen Funktionären nie gewählt werden würde. Denn die müssen schließlich auch von etwas leben.

Ob Harald Himmer daran etwas ändern kann und auch will?

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Arbeitet Gert-Rene Polli wieder im Innenministerium? Mitarbeiter haben den ehemaligen Leiter des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) in den letzten Tagen des Öfteren im Haus gesehen.

Der Sprecher von Innenministerin Maria Fekter, Gregor Schütze, dementiert allerdings glasklar: "Polli ist ein karenzierter Beamter. Um die Karenzierung aufzuheben, müsste ein Antrag vorliegen, wir haben aber keinen. Punkt." Noch nicht, könnte man auch hinzufügen.

Tatsächlich hält sich im Innenministerium das Gerücht, Polli - für fünf Jahre karenziert - könnte in die Sicherheitsakademie zurückkehren, wo er schon einmal war. Dort verbringt auch Herwig Haidinger, Ex-Leiter des Bundeskriminalamts, seine Arbeitszeit, seit er sich mit den ÖVP-Ministern überworfen hat. Die beiden wurden kürzlich bei einem gemeinsamen Kaffee gesehen. Im Ministerium heißt es dazu, Polli habe von sich aus einen neuerlichen Gang in die Privatwirtschaft angekündigt.

Polli war bis Februar 2008 Leiter des BVT, wechselte dann als Sicherheits-chef zum deutschen Weltkonzern Siemens, wo er im vergangenen Oktober den Hut nehmen musste. Seit April laufen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen ihn. Grund ist ein Rechtshilfeansuchen der deutschen Justiz wegen unerlaubter Dokumentenweitergabe. Polli selbst vermutet dahinter eine Intrige der US-Sicherheitsdienste; den USA wiederum sollen seine ausgezeichneten Kontakte zu iranischen Geheimdienstleuten ein Dorn im Auge gewesen sein.