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Zwei Fäuste für einen Staat

Von Alexander U. Mathé

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Ein Kampfsportler sorgt für Nationalstolz im ethnisch zersplitterten Myanmar.


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Aung La Nsang schlägt zu wie kein anderer. Im Vollkontaktsport Mixed Martial Arts vermöbelte die "burmesische Python", wie er auch genannt wird, vor kurzem im Finale seinen russischen Gegner und krönte sich zum Weltmeister. Nicht nur er selbst, ganz Myanmar (Burma) ist seither im Freudentaumel. Unbestätigten Meldungen zufolge ist Aung La Nsang nämlich auch noch der Einzige aus dem Land, der überhaupt jemals einen Weltmeistertitel in irgendeiner Sportart gewonnen hat. Vom Obdachlosen bis zum General ging nach seinem Sieg ein Ruck der nationalen Einheit durch Myanmar. Und das ist vielleicht der größte Erfolg von Aung La Nsang. Denn das Land ist von Jahrhunderten des Bürgerkriegs und separatistischen Auseinandersetzungen gezeichnet. Zudem stockt der Friedensprozess, den Regierungschefin und Nobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi voranzutreiben versucht und dabei auf das Militär angewiesen ist. Da hat es natürlich Vorbildwirkung, wenn jemand wie Aung La Nsang seinen burmesischen Nationalstolz auspackt. Denn er selbst ist genau genommen gar kein Burmese (die größte Bevölkerungsgruppe in Myanmar, nach denen der Staat benannt war), sondern ein Kachin. Die haben im Norden Myanmars ihren Bundesstaat, wo auch heute noch bewaffnete Gruppen einen Unabhängigkeitskampf führen. "Burma, ohne dich hätte ich das nicht geschafft!", schrie Aung La Nsang nach seinem Sieg ins Mikrofon. "Ich bin nicht talentiert, ich bin nicht schnell, aber mit dir habe ich Mut und Kraft", rief er der jubelnden Menge zu, während seine Betreuer hinter ihm die Fahne Myanmars ausbreiteten. Bei Siegen hat sich der 32-Jährige in der Vergangenheit gerne in die Fahne der Kachin gehüllt, die auch groß auf seiner Homepage prangt. Doch bei allem Stolz auf sein ethnisches Erbe sehnt sich Aung La Nsang nach Frieden und einen stabilen multiethnischen Staat. Denn die Kachin sind nur eine von vielen Gruppen in Myanmar, mit denen es separatistische Streitigkeiten und Kämpfe gibt. Im Fall von Kachin wurde eigentlich bereits in den 90er Jahren zwischen der Regierung und der Unabhängigkeitsorganisation Kachins (KIO) ein Kompromiss ausgehandelt. Die KIO besorgt die öffentliche Verwaltung von Polizei bis Schule, untersteht dabei aber der Oberhoheit der Zentralregierung. Doch zahlreiche Splittergruppen fordern eine absolute Unabhängigkeit und krachen dementsprechend oft mit Regierungstruppen zusammen. Mit Aung La Nsang ist der Separatismus vorerst einmal sekundär. Sogar das Militär hat sich eingeschaltet. Der Armeechef, General Min Aung Hlaing, hat Aung La Nsang gratuliert und erklärt, dass dieser Kachiner Kämpfer den unbezwingbaren burmesischen Geist repräsentiere und der Stolz der ganzen Nation sei.