Im Rennen um die Nominierung zum US-Präsidentschaftskandidaten gab es bei den Vorwahlen in New Hampshire zwei klare Sieger.
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Washington D.C./Concord. Mehr als eine halbe Million Dollar innerhalb von einer Stunde: In dem an Rekorden schon jetzt reichen Wettbewerb um die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten der Demokratischen Partei Amerikas setzte Bernie Sanders am Abend seines Siegs bei den Vorwahlen in New Hampshire noch einen drauf.
Noch während der 74-Jährige seine Dankesrede hielt, begannen die Server seines Online-Fundraising-Dienstes ActBlue unter der Last von abertausenden Anfragen Spendewilliger zusammenzubrechen. Wie schon zum Zeitpunkt der Schließung der Wahllokale klar geworden war, hatte der Senator aus Vermont im sogenannten "Granite State" seine Konkurrentin Hillary Clinton nicht geschlagen - er hatte sie gedemütigt. 60 Prozent Stimmenanteil für Sanders gegen Clintons 38,4: Deutlicher kann eine Wählerbotschaft kaum ausfallen. Und das, obwohl sich die ehemalige Außenministerin, an und für sich programmierte Kandidatin der Partei für die Nominierung, gegen Ende des Wahlkampfs noch einmal so richtig ins Zeug gelegt hatte. Bis zuletzt hatten ihre Kampagnenmanager, alarmiert durch Umfragen, die Sanders seit Wochen vorne sahen, auf ein Wunder gehofft. Schließlich handelte es sich bei New Hampshire um einen Bundesstaat, in dem sie 2008 sogar Barack Obama auf den zweiten Platz verwiesen hatte. Aber diesmal nutzte alles nichts. Anders als bei den Iowa Caucusses, wo sie den selbst ernannten demokratischen Sozialisten noch knapp besiegen konnte, war in dem an der Grenze zu Kanada gelegenen Bundesstaat gegen die Welle der Euphorie, auf der Sanders reitet, kein Kraut gewachsen.
Die Frage, die sich jetzt stellt, ist, wie sie und ihre Leute mit dem Desaster im hohen Norden umgehen. Vor dem ersten "Super Tuesday" am 1. März, wo in zwölf Bundesstaaten gleichzeitig Vorwahlen stattfinden, gilt es noch den Nevada Caucus (20. Februar) und den in South Carolina (27. Februar) zu bewältigen. Während Nevada eine unbekannte Größe darstellt - wie schwer die Präferenzen von Caucus-Gehern festzunageln sind, hatte sich in Iowa gezeigt, wo sämtliche Meinungsforscher danebenlagen -, spricht viel dafür, dass sich Clinton in South Carolina zumindest erholen wird. Die Südstaaten stellen für Kandidaten eine gänzlich andere Herausforderung dar als die des Mittleren Westens und des Nordostens: Sie sind weniger homogen (der Anteil der Angehörigen von Minderheiten ist im Wählerpool von Iowa und New Hampshire verschwindend gering) und in jeder Hinsicht konservativer. Werden auch noch die traditionell guten Verbindungen zur afroamerikanischen Gemeinschaft schlagend, die die Clintons seit Jahren pflegen, gibt es dort theoretisch für Sanders nicht viel zu holen.
Das gleiche Problem wird im Süden jener Mann haben, der neben Donald Trump als der große Gewinner von New Hampshire auf Seiten der Republikaner gilt. John Kasich, der Gouverneur von Ohio, landete hinter dem Immobilien-Magnaten und Ex-Reality-TV-Star mit 15,9 Prozent Stimmenanteil auf Platz zwei. (Trump lag mit 35,1 Prozent deutlich voran.) Das macht den unter anderem von Arnold Schwarzenegger unterstützten Kandidaten, dem im Ton wie in Sachfragen moderatesten auf konservativer Seite, zweifellos zum Mann der Stunde. Aber nachdem der Wahlkalender aussieht, wie er aussieht, bildet das keinerlei Garantie dafür, dass er daraus automatisch Profit schlagen kann.
Ein Lied genau davon singen konnte am Wahlabend Marco Rubio, der sich, nachdem er in Iowa hinter Ted Cruz und Trump Dritter geworden war, bereits in der Rolle des programmierten Kompromisskandidaten des Parteiestablishments wähnte und entsprechend auftrat. Noch Ende vergangener Woche hatten ihn die Umfragen in New Hampshire auf Platz zwei gesehen. Doch dann fand eine denkwürdige TV-Debatte statt, bei der sich der junge Senator aus Florida nicht weniger als vollkommen blamierte: Wie ein Roboter wiederholte er eine offenbar vorher auswendig gelernte Phrase wieder und wieder, sogar noch dann, als er von Chris Christie, dem Gouverneur von New Jersey, dafür frontal angegriffen wurde. Unter Druck verhaspelte sich Rubio mehr und mehr, bis zu dem Punkt, wo er auch noch weithin sichtbar gar arg zu schwitzen anfing.
Republikaner Christie denkt bereits ans Aufgeben
Durch den wundersamen Auftritt Rubios (Platz fünf, 10,6 Prozent) darf sich jetzt zudem wieder einer Hoffnungen machen, den man schon abgeschrieben glaubte: Jeb Bush. Immerhin 11,1 Prozent (Platz vier) bekam er in New Hampshire, aber für den Ex-Gouverneur von Florida vielleicht sogar wichtiger: Er landete vor Rubio. Es wird spannend anzusehen sein, wie die Geldgeber beider Kandidaten in den kommenden Wochen auf diese Entwicklung reagieren werden. Überraschend gut fuhr auch Ted Cruz, der Sieger von Iowa. Obwohl in New Hampshire weit nicht so viele Jesus-Hörige leben wie im Mittleren Westen - die bildeten dort quasi sein natürliches Wählerreservoir -, schnitt er gut ab: 11,6 Prozent, ein vor allem psychologisch wichtiger Platz drei.
Von den noch verbliebenen ernsthaften Kandidaten dürfte sich Chris Christie (7,5 Prozent, Platz sechs) bald aus dem Rennen verabschieden. Bei den Republikanern finden die Vorwahlen in South Carolina am 20. Februar, der Nevada Caucus am 23. Februar statt. Bis dahin bleibt auch ihren Kandidaten noch viel Zeit zum Geld sammeln.
Apropos Geld: Sollte zuletzt auch noch Michael Bloomberg, Ex-Bürgermeister von New York, Multi-Milliardär und Feindbild der Waffenlobby NRA, als unabhängiger Kandidat in den Ring steigen, worüber der 73-Jährige laut nachdenkt, würde er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erstens nicht gewinnen und zweitens weit mehr den Demokraten als den Republikanern schaden. Ob er das wirklich will, bleibt abzuwarten. Einen Wahlkampf mit allem drum und dran zu finanzieren, wäre für ihn jedenfalls kein Problem.