Mit dem linkskatholischen Stefan Wallner als Kabinettschef des grünen Vizekanzlers Kogler hat der konservativ-katholische Bernhard Bonelli als rechte Hand des türkisen Bundeskanzlers Kurz ein neues Gegenüber.
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Sein erster Ministerrat in der neuen Funktion ging nach außen hin völlig harmonisch über die politische Bühne. Stefan Wallner wieselte am Mittwoch erstmals als Kabinettschef von Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler telefonierend hinter den Journalisten durch den Steinsaal im Bundeskanzleramt, während Außenminister Alexander Schallenberg auf ÖVP-Seite und Gesundheitsminister Rudi Anschober auf Grünen-Seite die Öffnung der Grenzen zu sieben Nachbarstaaten Österreichs als Frohbotschaft an die Corona-geplagten Österreicher verkünden durften.
Seit Anfang Juni ist der gebürtige Grazer und ehemalige Bundesgeschäftsführer der Grünen nun in Diensten Koglers. Wallner, der im kommenden Jahr 50 wird, bildet damit gemeinsam mit dem zwar deutlich jüngeren, aber an der Seite von Bundeskanzler Sebastian Kurz in Regierungsarbeit erfahrenen Bernhard Bonelli das türkis-grüne Gespann, das im Hintergrund die Regierung lenkt.
"Spannend" empfindet der geistig-wendige Mann aus der Steiermark seine neue Rolle. Schließlich stehe man gerade in einer Phase, wo es wichtige Entscheidungen für Österreich zu treffen gelte. In den politischen Bereich ist Wallner bereits vor drei Monaten nach einem mehrjährigen Intermezzo in der Kommunikations- und Branding-Arbeit der Erste Bank zurückgekehrt. Seit März war er bereits Generalsekretär im Gesundheits- und Sozialministerium, das wie nun das Vizekanzleramt ebenfalls von einem grünen Veteranen geleitet wird, von Rudi Anschober. Wallner war demnach in der Akutphase der Corona-Krise ab Mitte März mittendrin statt nur dabei. Er habe in den drei Monaten als Generalsekretär gemerkt, dass die Arbeit der Bundesregierung sehr schnell sei.
Wallner hat als Kabinettschef bei Kogler den früheren grünen Parlamentarier Dieter Brosz abgelöst. Die Rochade erfolgte offenkundig nicht zufällig. Die Grünen müssen trachten, vom stärkeren und machtbewussten Koalitionspartner ÖVP nicht an die Wand gedrängt zu werden. Dazu kam der Vorwurf, dass Kogler auch die Turbulenzen mit Kulturschaffenden, die letztlich zum Rücktritt von Staatssekretärin Ulrike Lunacek geführt haben, sehenden Auges hingenommen und zu wenig auf einen funktionierenden Ablauf in seinem Ministerium, zu dem das Staatssekretariat gehört, geschaut habe.
Wallner macht Druck für Ökologisierung
Der ehemalige grüne Bundesgeschäftsführer und hochpolitische Kopf kann für sich verbuchen, dass die Grünen in seiner Amtszeit von 2009 bis zur Wahl von Ex-Grünen-Chef Alexander Van der Bellen in der Stichwahl im Dezember 2016 eine Erfolgsserie vor allem in den Bundesländern hingelegt haben, die Grüne unter anderem in Salzburg, Tirol und Vorarlberg in eine Regierungskoalition auf Länderebene gebracht hat. Unter seiner Regie und mit Eva Glawischnig als Obfrau entwickelten sich die Grünen zu einer stärker auf Lifestyle achtenden Ökopartei. Nach seinem nie näher begründeten Abgang und jenem von Glawischnig im Mai 2017 kam es bei der Nationalratswahl im Oktober 2017 zum unsanften Rauswurf der Grünen aus dem Nationalrat. Warum sein politisch-strategischer Kopf nach wie vor bei den Grünen gefragt ist, zeigte sich sofort im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" am Rande der Regierungssitzung. "Jetzt gilt es diesen Aufschwung, an dem wir arbeiten, auch zur Ökologisierung und Modernisierung für Österreich zu nützen", sagte Wallner.
Koglers Kabinettschef kommt als langjähriger Mitarbeiter und Generalsekretär der Caritas aus dem linkskatholischen Milieu. Auch das wird spannend. Schließlich ist sein unmittelbarer Ansprechpartner Bernhard Bonelli, der Kabinettschef von Bundeskanzler Sebastian Kurz, selbst tiefgläubig, wenngleich er Wert auf die Feststellung gelegt hat, bei dem im rechts-konservativen kirchlichen Spektrum verorteten Opus Dei nicht aktiv zu sein.
Beiden Glaubensbrüdern ist eine gewisse messianische Leidenschaft für ihr Anliegen eigen. Bonelli ist der treue, führende Mitarbeiter schlechthin des Bundeskanzlers, der wie schon unter Türkis-Blau darauf schaut, dass die Regierungspartner nach außen hin Harmonie signalisieren. Der Philosoph und Unternehmensberater selbst werkt am liebsten ganz im Hintergrund, hat von dort aus aber die Fäden in der Hand. Darin unterscheiden sich die beiden heimlichen Regierungslenker dann doch, denn Wallner scheut auch den öffentlichen Auftritt nicht.
Das mit der Harmonie wird nach dem Zusammenschweißen von ÖVP und Grünen durch die Corona-Krise seit März nun ebenfalls spannend. Denn nimmt Wallner seine Rolle ernst und drängen Vizekanzler Kogler und er künftig etwa nicht nur verbal auf mehr Ökologisierung, wird das den Koalitionsalltag ein halbes Jahr nach Bildung der türkis-grünen Regierung nicht eben einfacher machen.