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Zwei-Klassen-Polizei

Von Reinhard Göweil

Leitartikel

Bei einer Diskussion in der Industriellenvereinigung über sozialen Frieden sagte der Bauindustrielle Hans-Peter Haselsteiner: "Ich will nicht leben wie in Rom, wo die Reichen hinter Mauern und Stacheldraht in Luxus-Ghettos leben." Sein Credo: Je gerechter eine Gesellschaft, desto größer ist auch die Sicherheit, die sie bietet.


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Eine solche Einstellung gibt nicht nur den Bürgern Sicherheit, sondern ist auch für die Polizei deutlich komfortabler. Viel ist die Rede von Zwei-Klassen-Medizin, es gibt mittlerweile auch eine Zwei-Klassen-Bildung - eine Zwei-Klassen-Polizei hat es bisher nicht gegeben.

Die abenteuerliche Geschichte rund um den Flick-Sarg - so ekelhaft die Idee ist, einen Sarg zu entführen - offenbart nun auch dies. Eine besonders reiche Familie hat sich nicht länger auf die Polizei verlassen. Sie hat sich auf private Sicherheitsdienste gestützt, dem Vernehmen nach betrieben von ehemaligen Polizeioffizieren. Ihnen standen technische Möglichkeiten zur Verfügung, die eigentlich - und mit Recht - der Staatsgewalt vorbehalten sind. Mit deren Hilfe wurden der Sarg und die Entführer aufgespürt. Die staatliche Exekutive hatte zu diesem Zeitpunkt die Ermittlungen bereits eingestellt.

Jedes Jahr verschwinden Jugendliche - ihre Familien haben nicht die finanziellen Mittel, die Suche mit solchem Aufwand privat zu betreiben. Wenn sich die Reichen aber nun auch eine Luxus-Sicherheit leisten können und dürfen, und das offizielle Österreich schaut dabei zu, ist es mit dem gesellschaftlichen Zusammenhalt nicht mehr weit her.

Das Vertrauen in die staatlichen Justiz- und Sicherheitsorgane ist ein Pfeiler des Rechtsstaates. Es sollte daher weder der Justiz- noch der Innenministerin egal sein, wenn solche Pfeiler ausgehöhlt werden.

Dieses Mal war es ein Sarg, das nächste Mal ist es ein privat gesichertes Reichen-Ghetto. Private Sicherheitsfirmen mögen Supermärkte und Groß-Baustellen bewachen - unbewaffnet. Alles andere sollte verboten sein und geächtet bleiben. Die Sicherheit eines Landes muss für alle Bürger gelten und sollte mit dem Vermögen eines Einzelnen nichts zu tun haben.