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Zwei Minister für einen Rücktritt

Von WZ-Korrespondent Markus Kauffmann

Europaarchiv

Christdemokraten besetzen nach 22 Jahren wieder Innenministerium. | Rasche Ernennung geplant. | Berlin. Knapp 24 Stunden nach dem Rücktritt des deutschen Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) stand dessen Nachfolger fest: Der derzeitige Innenminister, Thomas de Maiziere (CDU) übernimmt das Amt. Ihm wiederum folgt Hans-Peter Friedrich, der die Gruppe der CSU-Abgeordneten im Bundestag leitet, womit die bayrischen Christdemokraten nach zweiundzwanzig Jahren wieder das Innenressort besetzen. Die Rochade wird insgesamt das Gleichgewicht der Koalitionsparteien in der Bundesregierung bewahren; die CSU behält drei Ressorts.


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Beiden Ministern wird ein gutes Einvernehmen mit der Bundeskanzlerin bescheinigt. Schon seit dem Mauerfall verbindet Angela Merkel die enge Zusammenarbeit mit de Maiziere, dem Cousin des ersten und gleichzeitig letzten freigewählten Ministerpräsidenten der DDR. Schon davor hatte er seinem Vetter Lothar empfohlen, Angela Merkel als Presse-Mitarbeiterin einzustellen - der Beginn ihrer politischen Karriere.

In bester Laune präsentierte der bayrische Ministerpräsident Horst Seehofer am Mittwoch Vormittag die mit der Schwesterpartei und der FDP ausgehandelte personelle Lösung. "Nach 24 Stunden Dauerberatungen" habe man zwar ein wichtiges Ressort abgegeben, aber eines gewonnen, in das viele für die Christsozialen wichtige Themen ressortierten. Indirekt sprach Seehofer damit Fragen der Vorratsdatenspeicherung, der Netzsperren, der Terrorbekämpfung im Inland und der Polizeireform an.

Kritik von Grünen

Schon heute, Donnerstag, soll die Ernennung der neuen Ressortleiter durch Bundespräsident Christian Wulff erfolgen. Beide Männer gelten als ruhig, besonnen und sachlich kompetent. Im Gegensatz zur medialen Lichtgestalt Guttenberg sind sie zwar durchsetzungsstark, drängen aber mit ihren Aktivitäten und Erfolgen nicht unbedingt an die Öffentlichkeit.

Hans-Peter Friedrich, der kommende Woche seinen 54. Geburtstag feiert, stammt aus dem oberfränkischen Naila, ist Jurist und studierte Wirtschaftswissenschaften. Seit 13 Jahren gehört er dem deutschen Bundestag an und folgte zuletzt Peter Ramsauer als CSU-Landesgruppenchef.

Der 57-jährige Thomas de Maiziere wurde als Sohn des berühmten Generalinspekteurs der Bundeswehr, Ulrich, in Bonn geboren, studierte in Münster und Freiburg i.Br. Rechtswissenschaften und wurde vom damaligen Berliner Bürgermeister, Richard von Weizsäcker, in die Politik geholt. Nach dem Mauerfall bekleidete er hohe Regierungsämter in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen. Im Kabinett Merkel I leitete er das Kanzleramt, bevor er 2009 Innenminister wurde.

Merkel betonte, dass sie sich "sowohl menschlich-freundschaftlich als auch politisch" mit de Maiziere verbunden fühle und dessen "brillanten Intellekt" schätze. In Friedrich habe sie einen sachgerechten und problemorientierten Politiker kennengelernt, der ihr oft rechts- und innenpolitischer Ratgeber war.

Während die FDP die Personalentscheidungen ihrer Koalitionspartner begrüßte und auch SPD-Vorsitzender Sigmar Gabriel die Kür de Maizieres lobte, sprachen die Grünen vom Ausdruck "blanker Personalnot". Renate Künast und Jürgen Trittin befürchteten, dass mit der Besetzung des Innenressorts durch Friedrich eine Rückkehr zur "klassischen CSU-Hardlinerpolitik" drohe.