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Zwei Präsidenten, aber nur ein Staat

Von Klaus Huhold

Politik

Sowohl Gbagbo als auch Ouattara legten Amtseid ab. | EU, UNO und USA verlangen von Amtsinhaber Gbagbo Machtverzicht. | Abidjan/Wien. Er trug ein Lächeln zur Schau. Zumindest vor den Kameras zeigte Südafrikas Ex-Präsident Thabo Mbeki eine freundliche Miene, als er die beiden politischen Kontrahenten der Elfenbeinküste, Laurent Gbagbo und Allassane Ouattara, traf.


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Doch bald gab es für ein Lächeln keinen Grund mehr: Die ersten Vermittlungsversuche von Mbeki in dem westafrikanischen Land sind gescheitert, sowohl Gbagbo als auch Ouattara hielten an ihrem Anspruch auf das Präsidentenamt fest. Die politische Krise in der Elfenbeinküste hat sich damit derart zugespitzt, dass das Land am Rande eines erneuten Bürgerkriegs steht.

Der Staat mit zwanzig Millionen Einwohnern hat derzeit zwei Präsidenten. Amtsinhaber Gbagbo und sein oppositioneller Herausforderer Ouattara haben sich nach der Stichwahl als Staatsoberhaupt vereidigen lassen. Und beide können in dem Machtkampf auf die Unterstützung bewaffneter Verbände zählen: Gbagbo hat die Armee hinter sich, Ouattara die Rebelleneinheiten, die den Norden des Landes kontrollieren.

Die Präsidentenwahl hätte das krisengebeutelte Land einen sollen, doch hat sie den weltweit größten Kakaoproduzenten noch mehr gespalten. Die unabhängige Wahlkommission hatte vergangene Woche Ouattara mit 54 Prozent der Stimmen den Sieg zugesprochen. Doch Gbagbos Lager erhob Einspruch vor dem Verfassungsgericht. Und dieses erklärte Gbagbo zum Sieger, da das Lager Ouattaras angeblich im Norden des Landes die Wahl manipuliert hat.

Zweifel am Urteil

Das Urteil des Verfassungsgerichts rief große Zweifel hervor. Erstens ist der Vorsitzende des Gremiums ein langjähriger politischer Weggefährte von Gbagbo. Zweitens haben Wahlbeobachter die Abstimmung als fair bezeichnet.

UNO, USA und EU haben daher schon klargemacht, dass sie Ouattara für den rechtmäßigen Präsidenten der Elfenbeinküste halten. Der Druck auf Gbagbo steigt. Dieser müsse "die Macht dem gewählten Präsidenten übertragen", sagte etwa Nicolas Sarkozy, Präsident der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich. Und die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton sei "bereit, in Richtung Sanktionen zu gehen, falls es keine rasche Lösung der Krise gibt", sagte eine Sprecherin der Kommission.

Doch bisher schmetterte Gbagbo alle internationalen Appelle ab. Er sprach von Einmischungen, die der internationalen Gemeinschaft nicht zustehen würden. "Ich werde die Souveränität unseres Landes verteidigen", verkündet der 65-Jährige erst kürzlich.

Es ist eine alte Taktik. Gbagbo, der im Jahr 2000 das Präsidentenamt übernahm, mobilisiert gerne mit nationalistischen Tönen. Er ist ein Verfechter der Ideologie der "Ivoirité". Es geht dabei um die Frage, wer ein echter Ivorer ist und wer nicht. Gegenkandidat Ouattara wurde immer wieder vom Lager Gbagbos angegriffen, kein echter Ivorer zu sein, da seine Mutter aus Burkina Faso stamme.

Auch im Bürgerkrieg standen - neben dem Kampf um Land und Ressourcen - derartige Spannungen im Vordergrund. Seit 2002 kontrollieren Rebellen den moslemischen Norden, Regierungstruppen den christlichen Süden des Landes. Die Rebellen der Forces Nouvelles hatten sich erhoben, weil sich die Ethnien im Norden, wo eine starke Einwanderung aus den Nachbarländern stattgefunden hatte, von der Politik der "Ivoirité" diskriminiert sahen.

Spannungen steigen

2007 wurden die Rebellen zwar in die Regierung aufgenommen, doch nun brechen die Spannungen wieder auf. Die Forces Nouvelles haben sich klar hinter Ouattara gestellt. Die Armeeführung wiederum hat verkündet, dass sie Gbagbo diene. Auf den Straßen des Landes ist die Stimmung bereits aufgeheizt: Seit der Stichwahl vor einer Woche sollen bereits Dutzende Menschen bei Zusammenstößen gestorben sein.

Auch die Nachbarländer sind alarmiert. Die westafrikanische Staatengemeinschaft Ecowas hat nun einen Krisengipfel in der nigerianischen Hauptstadt Abuja einberufen, um zwischen den verfeindeten Parteien zu vermitteln.

Für die Elfenbeinküste steht viel auf dem Spiel: Das Land galt einmal als der wirtschaftliche Musterstaat Westafrikas. Noch immer besitzt das Land eine bessere Infrastruktur als die meisten Nachbarländer und wäre damit für internationale Investoren attraktiv. Doch in der gegenwärtigen Situation denkt kaum jemand daran, Geld in das krisengebeutelte Land fließen zu lassen.