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Zwei Rezepte für den Euro

Von WZ Online

Europaarchiv

Sozialdemokraten setzen auf Ankurbelung der Wirtschaft | Konservative wollen vor allem sparen | Wenige Tage vor dem Eurozonen-Gipfeltreffen haben die beiden großen EU-Parteienblöcke am Wochenende konträre Positionen in der Euro-Debatte bezogen.


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Die konservativen Parteien (EVP) sprachen sich bei ihrem Treffen in Helsinki, an dem auch Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) teilnahm, für einen strikten Konsolidierungskurs und härtere Regeln zumindest der Euro-Staaten aus. Die Sozialisten (SPE) - unter ihnen Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) - verabschiedeten hingegen in Athen eine Warnung vor einem zu harten Sparkurs in den EU-Ländern.

Auffallend sind große Unterschiede etwa bei der Beurteilung des Pakts für Wettbewerbsfähigkeit, von Gemeinschaftsinstrumenten wie Eurobonds und der Frage, ob es für Schuldenstaaten in der Eurozone weitere Hilfen geben soll. Beide politische Gruppen wollen zudem erkennbar mit unterschiedlichen Konzepten auf die Krise reagieren: Die EVP, deren Mitglieder derzeit an der Mehrzahl der 27 EU-Regierungen beteiligt sind, betont die nötige Konsolidierung der Haushalte und die Verschärfung des Stabilitätspaktes mit Sanktionen gegen Defizitsünder.

Die Sozialisten kritisieren dagegen "Austeritäts"-Programme der Konservativen und propagieren eine Ankurbelung der Wirtschaften durch staatlich finanzierte Programme. An dem EVP-Treffen hatten neben Vizekanzler Finanzminister Pröll auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi etwa auch EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy sowie EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso teilgenommen. Am 11. März wollen die Chefs der 17 Eurostaaten erste Beschlüsse fassen, die die Eurozone dauerhaft stabilisieren sollen. Endgültige Entscheidungen fallen auf dem EU-Gipfel Ende März.

Die Konservativen plädieren auch dafür, dass der Euro-Rettungsschirm EFSF so gestärkt werden muss, "dass seine Effektivität gegeben ist, wenn sie benötigt wird". Damit wird immer wahrscheinlicher, dass die EU beschließt, die bisher vereinbarten 440 Mrd. Euro auch voll nutzen zu können. Dies ist bisher nicht der Fall.

Beide Erklärungen verzichten wegen erheblicher Differenzen in den Parteiblöcken selbst aber auf Aussagen, wie der Rettungsschirm "effektiver" werden soll und ob er ausgeweitet werden sollte. Auch bei der Frage, ob der EFSF und der dauerhafte Euro-Rettungsschirm ESM ab 2013 Anleihen notleidender Schuldenstaaten aufkaufen soll, gehen die Fronten quer durch die politischen Lager. Staaten mit einem guten Kreditrating wie Finnland, Deutschland, aber auch Österreich sind hier skeptisch.

Ausdrücklich stellt sich der konservative Parteienblock EVP hinter den von Deutschland und Frankreich vorgeschlagenen Pakt für Wettbewerbsfähigkeit. Merkel hatte sich die Zustimmung unter anderem dadurch gesichert, dass die EVP-Erklärung nun etwa eine klare Rolle der EU-Kommission betont. Ausdrücklich werden Nicht-Eurostaaten eingeladen, sich an dem Pakt zu beteiligen, der eine stärkere Beobachtung wichtiger wirtschaftspolitischer Kriterien einer Volkswirtschaft vorsieht.

In der Erklärung der Sozialisten taucht der Pakt nicht auf - schon weil ihn Österreichs Kanzler Faymann und Portugals Ministerpräsident Jose Socrates als SPE-Mitglieder mittlerweile in abgeschwächter Form akzeptieren wollen. In der SPE-Erklärung wird aber als Alternative ein "Pakt für Beschäftigung und sozialen Fortschritt" vorgeschlagen, der sich vor allem der Schaffung von Jobs widmen soll. Als Rezepte werden neue Steuern auf Finanztransaktionen und Kohlendioxid-Emissionen sowie höhere Löhne und staatliche Investitionen genannt.

Hier sind die größten Unterschiede erkennbar. "Jeder Mitgliedsstaat bleibt allein verantwortlich dafür, die öffentlichen Finanzen in einer gesunden und verantwortlichen Weise zu managen", heißt es bei den Konservativen. Die Sozialisten fordern dagegen die Einführung von Eurobonds und die Nivellierung der Zinsunterschiede in der Eurozone.

Die Sozialisten plädieren dafür, dass Irland und Griechenland bessere Konditionen für ihre EU-Kredite erhalten. "Bereits gewährte finanziellen Hilfspakete müssen neu verhandelt werden, zudem müssen die Zinsraten gesenkt und die Staaten mehr Zeit für die Rückzahlung erhalten", heißt es in der Erklärung.

Streit um Irland

Die Konservativen sind in dieser Frage zerstritten, schon weil sie den designierten irischen Regierungschef Enda Kenny in ihren Reihen haben, der auf Erleichterungen pocht. In der Erklärung wird zwar die Bereitschaft betont, über Hilfen zu reden, aber nur unter neuen Bedingungen. "Wir erkennen an, dass Maßnahmen, die Konsolidierungspläne betreffen, bestimmte Nachbesserungen auf nationaler Ebene nötig machen", heißt es.

(APA)