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Zwei TV-Duellanten im Trainingscamp

Von Michael Schmölzer

Politik

Barack Obama und Mitt Romney bereiten sich auf großen Auftritt vor.


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Las Vegas. Per "Air Force One" ging es für Barack Obama von Washington direkt nach Las Vegas. Allerdings nicht, um Roulette zu spielen - vielmehr begab sich der US-Präsident in Klausur, um eine Begegnung vorzubereiten, die man am ehesten mit einem Pokerspiel vergleichen könnte.

Mittwoch Abend (Donnerstag, 3 Uhr MESZ) steht die erste von drei TV-Konfrontationen gegen den Republikaner Mitt Romney an. Es ist die letzte Chance Romneys, die fast verlorene Partie doch noch für sich zu entscheiden. Der Republikaner liegt nach etlichen schweren Patzern - zuletzt war ein Video aufgetaucht, in dem er 47 Prozent der US-Bevölkerung als Sozialschmarotzer bezeichnet, für die er sich nicht zuständig fühle - in der Wählergunst deutlich hinten.

Vor der Begegnung lässt sich keiner der Kontrahenten in die Karten schauen, beide üben konzentriert mit "Sparring-Partnern" für den großen Auftritt. Obama trainiert mit dem Senator und Ex-Präsidentschaftskandidat John Kerry, Romney versucht Senator Rob Portman verbal auszuknocken. Nur eine frontale Attacke auf den Präsidenten könne die Wende bringen, meinen Insider im Republikanerlager. Romney müsse "rausgehen und ihm eine Verletzung zufügen", lautet deshalb die Strategie.

Schauplatz der letzten Vorbereitungen ist im Fall Obamas ein hermetisch abgeriegeltes Hotel knapp außerhalb der berüchtigten Spieler-Metropole Las Vegas. "Gouverneur Romney ist ein guter Diskutant", verriet der Präsident den wartenden Journalisten, er hoffe auf eine ernsthafte Diskussion über die Probleme des Landes. Dann tauchte er ab, vor Mittwoch wird er sich wohl öffentlich nicht mehr zeigen. Romney ging in Denver in Klausur, beide dürfen nur in dringenden Fällen gestört werden. Romneys unmittelbares Umfeld macht klar, dass man den Gegner keinesfalls unterschätzt. Der amtierende Präsident sei "einer der talentiertesten politischen Kommunikatoren der modernen Geschichte", heißt es hier.

Bis zu 60 Millionen Amerikaner werden bei der ersten eineinhalbstündigen Debatte in Denver Colorado live dabei sein, die Nervosität ist auf beiden Seiten spürbar. Denn Obama wie Romney haben Schwächen, die vom Gegner im verbalen Infight ausgenützt werden könnten. Obama gilt zwar als begnadeter Redner, nicht aber als guter Debattierer. Er neigt zu umständlichen und ausschweifenden Erklärungen. "Niemand will einen Professor, die Leute wollen einen Präsidenten", fasst die "New York Times" die Kritik der Obama-Trainer zusammen. Weitere Gefahr für den US-Präsidenten: Er wirkt mitunter hochnäsig - ein schwerer Makel. Romney hat mit anderen Schwierigkeiten zu kämpfen. Er muss angreifen, ohne zu aggressiv zu wirken. Gerade die erste Debatte bietet ihm die große Chance: Das alles dominierende Hauptthema heißt Wirtschaft. Romney muss es gelingen, Obama zu stellen, ihm die schlechte Konjunktur und die hohe Arbeitslosigkeit anzulasten. Zugleich muss er staatstragend wirken: Der Eindruck eines keifenden Hundes wäre fatal.