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"Zwei Vorstände sind angemessen"

Von Kamil Kowalcze

Wirtschaft

Gilbert Frizberg zieht Bilanz über seine langjährige Tätigkeit als Aufsichtsratsvorsitzender des Stromkonzerns Verbund.


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"Wiener Zeitung": Sie waren 17 Jahre lang im Aufsichtsrat des Stromkonzerns Verbund, zehn Jahre lang als Aufsichtratspräsident. Was war das beste Geschäft, das in dieser Zeit gemacht wurde?Gilbert Frizberg: Das beste Geschäft, das der Verbund in den vergangenen 50 Jahren gemacht hat, war der Verkauf der Türkei-Assets. Insgesamt blieb dabei eine Milliarde Euro übrig. Das hat alle anderen Probleme des Verbund abgedeckt.

Was war ihr größter Fehler?

Ich habe mich einmal in etwas hineinhetzen lassen, was ich nicht hätte tun sollen. Aber ich werde Ihnen nicht sagen, was das war.

Vergangenes Jahr wollten Sie die Dividende pro Aktie geringer halten, als es die Unternehmenssatzung vorsieht. Das musste anschließend rückgängig gemacht werden und hat einen unprofessionellen Eindruck hinterlassen. Was ist da passiert?

Genau das war der Fehler. Ich habe mich da hineinhetzen lassen, obwohl es nur lösbar gewesen wäre, wenn der Vorstand den Vorschlag neu aufgerollt hätte. Laut Satzung muss die Summe, die als Gewinn ausgewiesen wird, ausgeschüttet werden. Die Gestaltung ist also auf das beschränkt, was man im Vorhinein an Rücklagen und Rückstellungen bildet.

Es heißt, Ihre Position als Aufsichtsratsvorsitzender des größten österreichischen Wasserkraftkonzerns hätte sich positiv auf die Geschäfte Ihres privaten Kleinwasserunternehmens, Heereschwerke, ausgewirkt. Was ist da dran?

Null. Sie können dem Geschäftsbericht entnehmen, dass ich null Umsätze mit dem Verbund mache. Ich habe auch kein einziges Wasserkraftprojekt in Österreich entwickelt. Ich bin zum Verbund gekommen, weil ihm meine Erfahrung genützt hat.

Wieso verlassen Sie den Verbund gerade jetzt - in einer Zeit, in der sich das Unternehmen in einer Übergangsphase befindet?

Im vergangenen Jahr hat sich eine Entscheidung aufgedrängt. Es war bereits ausgemacht, dass ich im Laufe der Periode übergebe. Geplant war zwar ein Jahr vor Ende, jetzt sind es eben zwei Jahre. Es war ursprünglich auch angedacht, dass ich an jemanden aus dem Aufsichtsrat übergebe. Dazu kommt es jetzt aber nicht. Damit bin ich zufrieden, weil sich herausgestellt hat, dass die derzeitigen AR-Mitglieder entweder aus persönlichen oder aus fachlichen Gründen weniger für die Position des Vorsitzenden in Frage kommen.

Ihr Nachfolger ist Gerhard Roiss, Ex-OMV-Vorstandschef, derzeit Verwaltungsrat beim Schweizer Industriekonzern Sulzer. Seit wann steht Roiss als Ihr Nachfolger fest?

Herr Roiss ist seit Dezember im Gespräch, seit Jänner ist es fix. Von den zwei bis drei Kandidaten hat er sich herauskristallisiert. Auch, weil er das Vertrauen des Mehrheitseigentümers (Anm: Republik Österreich, vertreten durch das Wirtschaftsministerium) genießt.

Bei seinem Abschied von der OMV vor zwei Jahren hat das aber nicht so gewirkt.

Es ist ein Unterschied, ob man als Generaldirektor in so einem schwierigen Umfeld tätig ist wie es bei der OMV wegen der ÖIAG (Anm: damalige Österreichische Industrieholding, wurde zur ÖBIB umgewandelt) der Fall war oder ob man nur die Aufsicht innehat. Ich habe da kein Bauchweh und bin relativ happy, dass Roiss mein Nachfolger wird.

Ist das Umfeld beim Verbund so viel einfacher? Man hat doch mit den Landesversorgern Wien Energie/Wiener Stadtwerke, EVN und der Tiwag als Verbund-Teileigentümer die Konkurrenz im eigenen Haus.

Ja, das ist ein Problem, die veraltete Satzung. Zuletzt habe ich vor einem halben Jahr versucht, sie zu ändern. Aber es gab vonseiten der von Ihnen erwähnten qualifizierten Minderheitsaktionäre keine Zustimmung. Vielleicht kann man in Zukunft über Syndizierungen einen Fortschritt erzielen, dann würden sich auch die letzten Verkrampfungen lösen.

Wie sehr schränkt diese Eigentümerkonstellation die Arbeit ein?

Seitdem ich AR-Vorsitzender geworden bin, gab es zumindest keine Schreiduelle zwischen den Vorständen und den Minderheitsaktionärsvertretern mehr. Als wir uns in einer Konkurrenzsituation befunden haben, mussten wir das beispielsweise so lösen, dass die Betroffenen nicht an den Beratungen teilnehmen durften. Es war eine Gratwanderung, das war nicht schön. Denn die Verantwortung liegt ja letztlich bei mir als Vorsitzenden.

Laut einem Bericht einer Tageszeitung gab es im vergangenen Jahr einen Versuch des Aufsichtsrates, Sie als Vorsitzender abzuwählen. Stimmt das?

Hier wurde die Unwahrheit geschrieben. Im Artikel stand, dass es eine Kampfabstimmung gab, das war aber nie der Fall. Es gab nicht einmal eine Gegenstimme. Eine Stimmenthaltung kam von der Belegschaftsvertretung, die aber so fair war, mir das vorher zu sagen und die Gründe zu nennen. Erstens: Ich hätte zu starken Druck in Richtung Rationalisierung gemacht. Das ist aber mein Job, dass wir schweren Zeiten wettbewerbsfähig bleiben. Zweitens: Für sie war eine Reduktion des Vorstandes während laufender Verträge undenkbar.

Sie haben die Idee forciert, den Vorstand zu verkleinern? Seit wann?

Seit 2015 habe diese Meinung mit dem Präsidium vertreten. Wir können doch nicht 600 Jobs abbauen und gleichzeitig an vier Vorständen festhalten. Das war in Ordnung, solange wir die thermische Produktion hatten oder die Auslandsbereinigung machen mussten. Aber nach Bereinigung dieser Themen ist das nicht mehr notwendig.

Wie viele Vorstände sollte der Verbund haben?

Ich halte zwei Vorstände für angemessen. Maximal einen Dreiervorstand, aber nur dann, wenn einer der drei die operative Führung des Hauptbetriebes, der Verbund Hydro Power, übernimmt.

Verbund-Vorstandschef Wolfgang Anzengruber stand einige Zeit stark unter Druck. Glauben Sie, dass sein Vertrag über 2018 hinaus verlängert wird?

Anzengruber ist derjenige, der gewisse visionäre Vorstellungen entwickelt. Wenn etwas während dieser disruptiven Entwicklungen in der E-Wirtschaft wichtig ist, dann über den Tellerrand hinaus zu denken. Wenn er will, dann glaube ich, hat er gute Karten. Unter den Vorständen ist er der Unbestrittenste für die Führung für eine weitere Periode.

Der Nachfolger

Gerhard Roiss

Der 65-jährige ehemalige OMV-Vorstandsvorsitzende wird am Mittwoch Frizbergs Nachfolger als Aufsichtsratspräsident der Verbund AG.