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Zwei Wahlen mit Folgen

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
© Luiza Puiu

In Italien geht es um mehr als die nächste Koalition in Rom, in Tirol um mehr als nur darum, wer in Innsbruck regiert.


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Bei den Parlamentswahlen in Italien steht mehr auf dem Spiel als bloß die Zusammensetzung der nächsten Regierung in Rom, und bei den Tiroler Landtagswahlen geht es um bedeutend mehr als nur um Wohl und Wehe der schwarzen Landeshauptmannpartei. Da wie dort werden die Ereignisse das größere Ganze - im Falle Italiens den Zusammenhalt der EU, in Innsbruck die Stabilität der Kanzlerpartei und damit der Koalition - erfassen. Die Frage ist nur: in welcher Form und mit welcher Wucht?

Die Bedeutung der Wahlen in Italien reicht bis nach Brüssel, Berlin, Paris - und Moskau. Dabei sollte Europa eigentlich genug Routine im Umgang mit neuen Regierungen in Rom haben, immerhin hat es davon seit 1945 schon stolze 69 gegeben (Deutschland kommt auf 24, Österreich auf 34). Allerdings könnte es nun zur ersten Regierung seit Benito Mussolini unter der Führung einer Rechtsaußen-Partei, der "Brüder Italiens", kommen.

Allerdings sind die Gefahren einer solchen Beteiligung heute andere als vor hundert oder achtzig Jahren. Italien ist eine funktionierende Demokratie mit einem untadeligen Staatspräsidenten an der Spitze und ein intakter Rechtsstaat, über den ein unabhängiges Verfassungsgericht wacht. Darüber hinaus ist das Land als Mitglied der EU integraler Bestandteil eines Netzwerks an gesamteuropäischen Mechanismen und Strukturen.

Zudem ist Italien auf Gedeih und Verderb auf die Solidarität seiner EU-Partner angewiesen, soll das chronisch überschuldete Land nicht krachen gehen - was das Ende der Gemeinschaftswährung Euro bedeuten würde. Anders formuliert: Rom braucht Brüssel genauso, wie Europa Italien braucht. Ob eine solche, vorsichtig optimistische Schätzung hält, wird sich darin zeigen, wie Rom sich künftig im Umgang mit Moskau positioniert. Kündigt die drittgrößte EU-Volkswirtschaft den Konsens gegenüber Moskau auf, droht Europa ein außenpolitischer Totalschaden.

In Tirol steht die Niederlage der ÖVP bereits vor dem Wahltag fest. Trotzdem kann die Kanzlerpartei hoffen, mit einem blauen Auge davonzukommen, nämlich dann, wenn sie deutlich stärkste Kraft bleibt und den Landeshauptmannsessel zu halten vermag. Dann wird auch in Niederösterreich, wo spätestens im März die nächste Wahl ansteht, niemand die Nerven wegschmeißen und in der Bundespartei erneut die Köpfe tauschen. Wenn nicht, werden in der Kanzlerpartei noch deutlich unruhigere Zeiten anbrechen, als sie es derzeit schon sind. Und das inmitten einer Vielfachkrise von existenziellen Dimensionen.