Studierende und junge Flüchtlinge leben demnächst gemeinsam in Favoriten.
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Wien. Ein Wohnheimplatz um 240 bis 260 Euro im Monat inklusive Betriebskosten, Gemeinschaftsräumen und Wlan klingt für jeden Studenten auf Zimmersuche mehr als verlockend. Das Wohnprojekt Hawi (abgeleitet von "Hawidere", Anm.) der Caritas hat derzeit 70 solcher WG-Plätze an Studierende und in Ausbildung befindliche Erwachsene zu vergeben. Das Besondere: Sie teilen sich die WG mit jungen Flüchtlingen. Das Projekt auf dem Areal der ehemaligen Siemenszentrale in der Kempelengasse 1 in Favoriten will auf diesem Weg das Zusammenleben fördern.
Das Architekturbüro "The next Enterprise Architects" hat die ehemaligen Bürogebäude zum Wohnheim mit Zwei- bis Vierbettzimmern umgestaltet. In den Vierbettzimmern werden boxförmige Wohnmodule mit Flügeltüren getestet, die mehr Privatsphäre ermöglichen sollen.
Ende Juli ziehen die Flüchtlinge ins Hawi, im September folgen die Studierenden. 140 junge Menschen leben dann in dem Wohnheim. "Gefühlt werden es aber weniger sein", meint Projektleiterin Daniela Rohm. Denn von den 70 Flüchtlingen sind 45 unbegleitete Minderjährige, die in drei Wohngemeinschaften etwas abseits der anderen leben werden. Dies sei von der Gesetzgebung vorgeschrieben, da sie intensivere Betreuung brauchen und nicht volljährig sind.
Wohnen selbst organisiert
Das Hawi ist das erste Wohnprojekt seiner Art in Österreich. Vorbild ist ein Wohnheim in München, das im vergangenen Jahr eröffnet hat. "Dort dachten die Sozialarbeiter anfangs, dass das Projekt viel Betreuung brauchen wird. Die Bewohner haben sich aber nach einer Startphase größtenteils selbst organisiert", erzählt Caritas-Geschäftsführer Klaus Schwertner. Auch Daniela Rohm ist überzeugt, dass das Zusammenleben nicht zuletzt durch die überschaubare Bewohnerzahl gut funktionieren wird.
Welche Flüchtlinge in das Hawi einziehen dürfen, entscheidet der Fonds Soziales Wien gemeinsam mit der Caritas. Vor allem Jugendliche, dich noch keinen Nachbetreuungsplatz haben und im Idealfall schon einer Ausbildung nachgehen, sind für das Hawi vorgesehen. Die Zimmereinteilung erfolgt laut Caritas übrigens nach Wunsch der Studierenden.
Zwei der zukünftigen Bewohner sind Masud Jarzada und Abdulquadir Sakhifada. Die beiden 17-Jährigen sind aus Afghanistan geflüchtet und kamen vor mehr als einem Jahr alleine nach Österreich. Jarzadas Eltern sind in Afghanistan gestorben, Geschwister hat er keine. Sakhifada möchte über den Grund für seine Flucht nicht sprechen. Aktuell macht er eine Ausbildung am International Business College in Hetzendorf, während Jarzada seine Maler- und Installateurslehre, die er in seiner Heimat begonnen hat, nun abschließen möchte. Beide wollen später in Österreich arbeiten. Wie alle Flüchtlinge, die ins Hawi ziehen werden, befinden sie sich aber in der Grundversorgung und haben noch keinen positiven Asylbescheid erhalten.
Die unbegleiteten Minderjährigen bleiben bis zu ihrer Volljährigkeit in den Hawi-WGs, dann werden für sie - falls notwendig - Nachbetreuungsplätze gesucht. Für die erwachsenen Flüchtlinge soll das Wohnheim nach aktuellem Stand für zwei bis drei Jahre ein Zuhause bieten. Ob sie dann noch länger dort bleiben oder sich im Fall eines positiven Asylbescheids eine eigene Wohnung suchen können, wir jeweils mit den Betreuern entschieden. Die Frage nach ähnlichen Projekten, sollte das Hawi erfolgreich sein, beantwortet Klaus Schwertner schlicht mit "Kopieren ist erlaubt".