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Sinn und Zweck der Sir Karl Popper-Schule liege nicht darin, begabte Kinder zu fördern, sondern begabte Kinder auf begabte Lehrer treffen zu lassen. Weil eben "zwei mal zwei ein Mehrfaches von vier ist", so der ehemalige Obmann der VP Wien und Initiator der Popper-Schule, Bernhard Görg. Dass wir alle Begabungen, über die wir verfügen, fördern müssen, steht für Görg außer Zweifel. Allerdings sei es ein Irrglaube, darauf zu vertrauen, dass sich die Begabten schon von selbst durchsetzen würden. Dazu bedürfe es entsprechender Rahmenbedingungen, wie sie in der Popper-Schule zur Anwendung gelangen. Deren Erfolgsrezept liegt für ihn in erster Linie im Zusammenführen von gleichermaßen begabten Lehrern wie Schülern. Dass hier auch nicht die Fehler einer falsch verstandenen Elitenausbildung begangen werden, zeige auch der Umstand, dass sich die Popper-Schüler selbst für nicht begabter als die Schüler anderer Gymnasien halten.
Das problematische Verhältnis zum Begriff "Elite" hängt für den ehemaligen Wiener Vizebürgermeister und Zukunftsstadtrat zum einen mit der Diskreditierung des Begriffs während der NS-Ära, zum anderen mit den gesellschaftspolitischen Umwälzungen der 60er und 70er Jahre unter dem Motto "gleiche Chancen für alle" zusammen.
Erst in den 90er Jahren wurde der Begriff "Elite" wieder salonfähig, als sich auch die Sozialdemokratie offen zur Notwendigkeit von Leistung bekannte, so Görg. Die Forderung von SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer nach einer "solidarischen Hochleistungsgesellschaft" stehe hier stellvertretend für dieses Umdenken.
Der Schlüssel für weitere Fortschritte auf dem Gebiet der Begabtenförderung liegt für Görg bei den Lehrern. So hofft er auf nachhaltige Impulse für das Regelschulsystem aus den Erfahrungen der Popper-Schule in Bezug auf die Lehrerausbildung. "Aber erst wenn alle Eltern für ihre Kinder die gleiche Qualität der Lehrkräfte fordern, wie sie die Popper-Schule anbietet, werde ich mich zufrieden zurück lehnen können", sieht Görg noch erheblichen Handlungsbedarf für das heimische Schulsystem.
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DDr. Bernhard Görg studierte in Wien Geschichte und Latein sowie Jus. Von 1996 bis 2001 war er Vizebürgermeister der Stadt Wien und amtsführender Stadtrat für Planung und Zukunft.