Zum Hauptinhalt springen

Zweidrittel-Gesellschaft

Von Gerhard Männl

Leserforum

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 8 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Die Frage ist nicht, ob "kein Kanzler Strache - FPÖ spielt mit dem Feuer", die falschen Antworten auf die Spaltung unseres Landes sind, die Frage ist vielmehr, warum sie erstens so kategorisch und zweitens jetzt, wenn die Enttäuschung der unterlegenen Hälfte noch schmerzt, erfolgen.

Mit welchem Ziel - und vor allem mit wem - sind diese Antworten abgesprochen?

Österreich ist tatsächlich ein kleines Land. Die Spannungen in der Tschechoslowakei, die letztendlich zur Teilung führten, waren andere, aber ich glaube, nicht größer als jene, die sich in Österreich durch eine Eigendynamik rasant aufgebaut haben und nun behut- und mühsam wieder abgebaut werden müssen.

Eine Spaltung in Öster und in Reich ist nur ein dummer Witz und wird auf die Dauer keine friedlich-intellektuelle bleiben.

Hoffentlich gehören die Stimmen, die meinen, Aversionen der Österreich-Hälfte, die "verloren" hat, würden wissentlich geschürt werden, ins Reich der Gerüchteküche.

Allein der Vorstellung, dass unser Staatsoberhaupt als eine Art Agent Provocateur Lineardenker der anderen Hälfte zu unbedachte Äußerungen verleiten will, um politisch Andersdenkende als gefährliche Rabauken zu brandmarken und kalt zu stellen, macht krank.

Wohin eine zivile Zweidrittel-Gesellschaft führt, zeigen unser Bildungs- oder Gesundheitswesen. Eine politische Zweidrittel-Gesellschaft dagegen ist meiner Meinung wesentlich gefährlicher. In Österreich hat ein Mehrheitswahlrecht keine Tradition. Österreich ist an ein Verhältniswahlrecht gewöhnt.

Eine große Gefahr besteht meiner Meinung nach in der Möglichkeit, dass de facto mit knapp mehr als 50 % der Stimmen ein Moralmonopolismus mit allen seinen Folgen etabliert werden könnte, der auf die tatsächlichen Verhältnisse im Lande keine Rücksicht nimmt:

The winner takes it all

The loser's standing small

Aufeindanderzugehen bedeutet auch ein bisschen, vom eigenen Weg abzugehen.

Eine Zeit lang war mein Karma, brave Steuerzahler zu drangsalieren, ihre Bücher zu prüfen, um sie mit erhobenem Zeigefinger - und einer satten Nachzahlung - auf den Pfad der Rechtschaffenheit zurückzuführen.

Dabei gilt mein Dank jener Generation, die gelernt hat, worauf es wirklich ankommt. Ebenso wichtig wie die §§ selbst ist der Umgang mit ihnen. Als ich mich einmal in eine heftige Diskussion mit dem Junior einer Steuerberatungskanzlei verstrickte, schlichtete der Senior die Auseinandersetzung und fand einen goldenen Mittelweg: "Ich haben mit dem Chef von Hrn Männl jahrelang zusammengearbeitet, nun müsst ihr es." Und dieser mein Chef gab mir anlässlich seiner Pensionierung mit: "Auch wenn Sie recht haben, sie müssen immer mit anderen zusammenarbeiten. Alleine kommen Sie selten ans Ziel. Es ist immer besser mit den anderen zu gehen; auch wenn es ein Umweg ist."

Dieses Miteinanderreden fehlt heute meiner Meinung nach in der Arbeit, in der Freizeit und in der Familie. Und in der Politik. Kleinkinder, die schreien, werden nicht immer beruhigt, manchmal werden sie zu Tode geschüttelt. Ich weiß nicht, ob die Sozialmedien solche Horrornachrichten schneller verbreiten als frühere Medien. Gefühlsmäßig nehmen die gewaltsamen Problemlösungsversuche zu.

Europa steht vor der Herausforderung, Menschen aus einem fremden Kulturkreis zu integrieren. Es gilt, Männer, die Frauen nur mit Verhüllung und männlicher Begleitung in die Öffentlichkeit lassen, von der Gleichwertigkeit der Frau zu überzeugen. Weite Teile der islamischen Welt kapitulierten vor der Re-Islamisierung. Trotzdem haben viele mehr Schwierigkeit, Gemeinsamkeiten mit einem FPÖ-Wähler als bei einem traditionellen Muslim zu finden.

Mich selbst als Moralapostel aufzuspielen wäre ein lächerliches Unterfangen, über das nur geschmunzelt werden kann. Nicht schmunzeln kann man aber mM über eine etwaige Wiederholung:

https://www.google.at/search?q=heimwehr&client=firefox-b-ab&source=lnms&tbm=isch&sa=X&ved=0ahUKEwihwovSpvfMAhXJKsAKHTpYBvYQ_AUIBygB&biw=1280&bih=913#tbm=isch&tbs=rimg%3ACYRbr2uEk5n-IjiHic1Xu45v4ZA1JLBP44kynAeqgFSu1QVSOICnky7WHCLlKh1jbFZV2lLnrBdrz3WHvAgUl75zKCoSCYeJzVe7jm_1hEb-mLs7uMzOJKhIJkDUksE_1jiTIRqokvyoo41VIqEgmcB6qAVK7VBRGYvse5feH4CyoSCVI4gKeTLtYcEXo2K1A96WgXKhIJIuUqHWNsVlURtL3EcD1gT2sqEgnaUuesF2vPdRG0vcRwPWBPayoSCYe8CBSXvnMoEbWutxGOu_15N&q=heimwehr&imgrc=_