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Zweieinhalb Koalitionsvarianten

Von Georg Hönigsberger

Politik

Nach der Landtagswahl in Salzburg will die ÖVP mit allen Parteien sondieren, nur nicht mit der KPÖ-Plus.


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Nach der Wahl ist vor der Wahl. Nämlich vor der Wahl des Koalitionspartners. Die trotz herben Verlusten nach wie vor stimmenstärkste ÖVP will im Bundesland Salzburg Ende dieser Woche ihre Präferenz festlegen. Zuvor sollen Sondierungsgespräche mit FPÖ, SPÖ und Grünen durchgeführt werden, wie Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) Montagmittag bekannt gab.

Die Landtagswahlen vom Sonntag haben den parteipolitischen Status quo ordentlich durcheinander gebeutelt. Die Partei von Haslauer hat fast ein Fünftel ihrer Wähler von 2018 verloren. "Das setzt einen Trend fort, wie man ihn schon bei den Wahlen in Tirol, Niederösterreich und Kärnten sehen konnte", erklärt der Salzburger Politologe Armin Mühlböck gegenüber der "Wiener Zeitung". "Die dominierenden Regierungsparteien hatten auch dort rund ein Fünftel ihrer Stimmen eingebüßt."

Ebenso verloren hat die ÖVP einen ihrer Koalitionspartner in der Landesregierung: Die Neos von Andrea Klambauer blieben unter der 5-Prozent-Hürde und scheiden erstmals in ihrer jungen Parteigeschichte aus einem Landtag aus. Die Grünen, seit zehn Jahren Regierungspartner der ÖVP, haben mit ihrer neuen Obfrau Martina Berthold zwar Wählergunst eingebüßt, hielten aber ihre drei Mandate. Sie haben die geringen Verluste erleichtert aufgenommen. Die SPÖ konnte in ihrer Oppositionsrolle bei der Wählerschaft nicht punkten und erzielte unter Parteichef David Egger das schlechteste Ergebnis seit 1945.

Die Szenarien

Die "Dirndlkoalition" Schwarz-Grün-Pink ist somit Geschichte. Neue Partner braucht das Land. Hier tun sich für die ÖVP zweieinhalb Alternativen auf. Um eine Mehrheit im 36-köpfigen Landtag zu haben, wäre eine Zusammenarbeit mit dem Wahlgewinner FPÖ (gemeinsam 22 Mandate) oder der SPÖ (19 Mandate) möglich. Haslauer selbst schloss zumindest am Wahlabend auch eine Variante mit drei Parteien (wohl mit Rot und Grün) nicht aus, die ebenfalls auf 22 Mandate käme.

Wo die Präferenz der Volkspartei liegt, wird man nach dem Parteipräsidium am Freitag nach Abschluss der Sondierungsgespräche erfahren. "Dabei werden wir schauen, ob sich bei wesentlichen Knackpunkten und schwierigen Themen Gegensätze überwinden lassen oder nicht", sagte Haslauer in einem Pressestatement nach der Präsidiumssitzung.

Trotz der hohen Verluste sieht Politikwissenschafter Mühlböck die Lage der Volkspartei nicht so tragisch: "Sie ist Erster geblieben und hat alle Fäden in der Hand, wenn es um die Regierungsbildung geht." Sowohl Freiheitliche als auch Sozialdemokraten und Grüne haben bereits Verhandlungsbereitschaft signalisiert.

Dass der Landeshauptmann nicht zu den großen Förderern einer Zusammenarbeit mit den Blauen gilt, ist hinlänglich bekannt. Die Stimmung der Parteigranden im Land dürfte geteilt sein. Im Speckgürtel um Salzburg gibt es Präferenzen für eine Kooperation mit den Sozialdemokraten. Die Funktionäre aus dem ländlichen Raum, wo die FPÖ stark zugelegt hat, dürften eher zu den Freiheitlichen tendieren. Die ÖVP-Wählerschaft sieht dies hingegen skeptisch: Nur 18 Prozent von ihnen präferieren die Variante Schwarz-Blau.

Die Regierungsverhandlungen sollen bereits am kommenden Montag mit der Ausarbeitung eines Zeitplans starten. "Es ist nicht wahnsinnig viel Zeit, wir haben vier bis fünf Wochen, um das zum Abschluss zu bringen", sagte Haslauer. Der neue Landtag muss innerhalb von acht Wochen nach der Wahl zur ersten Sitzung einberufen werden.

Mit dem großen Wahlsieger, der KPÖ Plus, wird die ÖVP keine Sondierungsgespräche führen. Diese habe bereits vor der Wahl erklärt, nicht in die Regierung gehen zu wollen. "Außerdem käme das für mich aus ideologischen Gründen nicht in Frage", erklärte der Landeshauptmann. Ein Gespräch mit KPÖ-Plus-Spitzenkandidat Kay-Michael Dankl werde er aber selbstverständlich führen. "Das ist auch ein Akt der Höflichkeit und Handreichung."

Überraschungserfolg

Der große Erfolg der Kommunisten überraschte viele Wahlbeobachter. "Die Chance auf den Einzug in den Landtag war offensichtlich, auch wenn die Hürde mit 5 Prozent hoch war", sagt Politologe Mühlböck. "Selbst Spitzenkandidat Dankl hat kurz vor der Wahl noch gesagt, dass der Einzug knapp werde. Diesen Erfolg von mehr als 11 Prozent hatte aber niemand auf der Rechnung."

Die Grazer Politologin Karin Prapotnik erklärte am Montag gegenüber dem Ö1-"Mittagsjournal", dass Dankl glaubwürdig einen Wandel vertreten habe und "Top-Wahlmotiv" der KPÖ-Plus-Wähler gewesen sei. Zudem habe sich jeder zweite Wähler der linken Alternative "erst während des Wahlkampfs oder sogar erst in letzten Tagen vor der Wahl für die KPÖ entschieden".

"Das wird spannend", meint Mühlböck im Hinblick auf die Gemeinderatswahlen in der Stadt Salzburg im kommenden Jahr. Dort hat Dankl bei der Landeswahl am Sonntag mehr als 20 Prozent und Platz zwei hinter der ÖVP erreicht. "Man muss damit rechnen, dass die KPÖ Plus auch bei den Gemeinderatswahlen stark zulegen wird", sagt Mühlböck. Dankl hält derzeit das einzige KPÖ-Mandat im Salzburger Gemeinderat und will dies auch parallel zum Landtagsmandat weiterhin ausüben.