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Zweifel am Nutzen einer "Schreibtischgeburt"

Von Heiner Boberski

Wissen

Gottfried Schatz: Europas Wissenschaft steckt in der Krise. | Maria Schaumayer Ehrenmitglied der Akademie. | Wien. Man müsse der Krise der europäischen Forschung entgegentreten, forderte Gottfried Schatz als Festredner bei der heurigen feierlichen Sitzung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Wien. Der aus Österreich stammende ehemalige Präsident des Schweizerischen Wissenschafts- und Technologierats sieht Europa sonst hinter den USA und Ostasien zurückbleiben. Schatz bedauerte den Bruch zwischen Natur- und Geisteswissenschaften und äußerte Skepsis gegenüber der massiven Förderung von geplanter, vernetzter und interdisziplinärer Forschung.


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Von einer "Schreibtischgeburt" wie dem geplanten European Institute for Technology (EIT) erwartet er sich wenig Originelles. Die Politik gebe oft enge Rahmen vor, es fehle die Risikobereitschaft, wie sie etwa die Evolution besessen habe: "Sonst säßen wir noch alle als Bakterien hier."

Schatz betonte, dass wichtige Ideen meist von einzelnen brillanten Köpfen kamen, die auf eigenes Risiko gegen den Strom agiert hätten - mit Intuition und Kreativität. Gegen die Krise Europas, die sich auch darin zeige, dass Mäzene hier lieber Konzertsäle als Labors sponsern, empfahl Schatz drei Punkte: Rigoros und fair die besten Köpfe auswählen, ihnen gezielt die notwendigen Mittel geben und sie für eine angemessene Zeit frei denken und forschen lassen.

Im Rahmen der Sitzung im ehemaligen Theatersaal der Jesuiten erhielten 30 kürzlich in die ÖAW gewählte Wissenschafter, darunter acht Frauen, ihre Dekrete. Die ehemalige Nationalbankpräsidentin Maria Schaumayer wurde als erste Frau zum Ehrenmitglied der Gesamtakademie ernannt. Zuletzt hatte Kardinal Franz König die Ehrenmitgliedschaft erhalten.

ÖAW-Präsident Herbert Mang dankte für die zusätzlichen Mittel, mit denen die Akademie in den vergangenen Jahren Forschungseinrichtungen wie das Institut für Molekulare Biotechnologie (Imba) aufbauen konnte, forderte aber auch "eine deutliche Erhöhung" des ordentlichen Budgets.

Bundespräsident Heinz Fischer würdigte die ÖAW-Leistungen, erinnerte aber auch mahnend daran, dass die Akademie einst hervorragenden Wissenschaftern wie Sigmund Freud oder Ludwig Wittgenstein die Ehre einer Mitgliedschaft versagt habe. Bildungsministerin Elisabeth Gehrer führte die verbesserte Wettbewerbsfähigkeit Österreichs im internationalen Vergleich auch auf die Investitionen in Wissenschaft und Forschung zurück.